Erfolgreicher Abschluss der 24. Ostseeparlamentarierkonferenz (BSPC) in Rostock
Vom 30. August bis zum 1. September hat unter Leitung der Landtagspräsidentin Sylvia Bretschneider die 24. Ostseeparlamentarierkonferenz in Rostock getagt. Über 180 Parlamentarier aus der gesamten Ostseeregion sowie BSPC-Beobachter und weitere geladene Gäste nahmen an der Konferenz teil. Mit der Konferenz endete das Mandat der Landtagspräsidentin als Vorsitzende der BSPC – Lettland führt nunmehr den Vorsitz und wird die Jahreskonferenz 2016 in Riga ausrichten.
Schwerpunkt Gesundheits- und Sozialwesen
Die diesjährige Konferenz stand unter der Überschrift „Ostseeregion – Modellregion für Innovationen im Gesundheits- und Sozialwesen“. In verschiedenen Sitzungsabschnitten befassten sich die Abgeordneten mit den Themen der Zusammenarbeit in der Ostseeregion, der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit im Gesundheitswesen, der Gesundheitswirtschaft, der Nachhaltigkeit des Gesundheits- und Sozialwesens sowie – entsprechend der Ausrichtung einer entsprechenden Arbeitsgruppe der BSPC zum selben Thema – mit Innovationen im Gesundheits- und Sozialwesen.
Konferenzresolution
Zum Abschluss der Konferenz wurde einstimmig eine Resolution angenommen, in der sich die Delegierten mit konkreten Handlungsempfehlungen gegenüber u.a. den Regierungen der Ostseeanrainer zu den Themen der Konferenz positionieren. Vorgeschaltet war ein Abstimmungs- und Beratungsprozess, in dem – unter dem Vorsitz der Landtagspräsidentin – u.a. 85 Änderungsanträge der Delegationen beraten wurden. Nach intensiven Diskussionen äußerten die Parlamentarier ausdrücklich ihre Solidarität mit den Flüchtlingen, die zur Flucht aus ihrer jeweiligen Heimat gezwungen sind und fordern ausdrücklich – unter Bezugnahme auf das Konferenzthema – von ihren Regierungen die würdevolle Behandlung der Flüchtlinge insbesondere in Bezug auf Unterbringung und Gesundheitsversorgung.
Weltkriegsgedenken mit den Nachbarn im Ostseeraum
Besonders bewegend für die Delegationen aus dem gesamten Ostseeraum einschließlich Russland, Norwegen und Island war die Rede, mit der Landtagspräsidentin Sylvia Bretschneider dem 1. September 1939 gedachte: „76 Jahre nach Anzettelung des Zweiten Weltkrieges durch die deutschen Nationalsozialisten und 70 Jahre nach dessen Ende, das nicht für alle Menschen gleich Gerechtigkeit, Freiheit und Selbstbestimmtheit gebracht hat, sehen wir alle uns immer noch und deutlicher als je zuvor mit der gesellschaftlichen Herausforderung konfrontiert, das Wissen über die nationalsozialistischen, deutschen Verbrechen wach zu halten, daraus zu lernen und vor allem unser politisches und gesellschaftliches Handeln danach auszurichten. Jedes Unrecht, jede gewaltsame Auseinandersetzung muss für uns solch eine Herausforderung sein.“
Delegation des Landtages
Der Landtag neben der Delegationsleiterin, Landtagspräsidentin Sylvia Bretschneider, mit der Landtagsvizepräsidentin Silke Gajek und den Abgeordneten Dr. André Brie, Dietmar Eifler und Detlef Müller vertreten. Außerdem haben der Abgeordnete Jochen Schulte in seiner Funktion als Maritimer Berichterstatter der BSPC für Integrierte Meerespolitik, der Abgeordnete Wolfgang Waldmüller als stellvertretender Vorsitzender der BSPC-Arbeitsgruppe zu Innovationen im Gesundheits- und Sozialwesen, der Abgeordnete Julian Barlen als stellvertretendes Mitglied in selbiger Arbeitsgruppe sowie Jörg Heydorn als Vorsitzender der Enquete-Kommission „Älter werden in Mecklenburg-Vorpommern" an der Konferenz mitgearbeitet.
Die Landtagspräsidentin machte in ihrer Eröffnungsrede deutlich, dass die Gesundheitssysteme in der Ostseeregion zwar unterschiedlich organisiert seien, dies den Parlamentariern jedoch die Möglichkeit gebe, von den jeweiligen Stärken anderer Systeme zu lernen. In ihrer anschließenden Rede gab die Vorsitzende der BSPC einen Abriss der Aktivitäten der Organisation im vergangenen Geschäftsjahr, wobei sie schwerpunktmäßig insbesondere auf die Themen Gesundheit, Tourismus und Aktivitäten im Rahmen ihres Beobachtermandats bei HELCOM einging.
Landtagspräsidentin mit Vorsitz der neuen Arbeitsgruppe betraut - landespolitischer Schwerpunkt wird ostseeweit bearbeitet
Mit der Einsetzung einer Arbeitsgruppe zum nachhaltigen Tourismus ist in Rostock ein neuer Arbeitszyklus in Gang gesetzt worden. Diese Arbeitsgruppe, in die alle Delegationen Abgeordnete entsenden können, wird in den kommenden zwei Jahre mit dem „nachhaltigen Tourismus“ ein Thema vertiefen, das auch einen landespolitischen Schwerpunkt hat. Der Vorsitz dieser Arbeitsgruppe wurde durch den Ständigen Ausschuss der Konferenz einstimmig der Landtagspräsidentin Sylvia Bretschneider übertragen, was von den Konferenzteilnehmerinnen und –teilnehmern als besondere Wertschätzung und Vertrauensbeweis gewertet wurde. Die Arbeitsgruppe ist gehalten, ihren Abschlussbericht mit konkreten Forderungen und Handlungsempfehlungen im Rahmen der Jahreskonferenz 2017 vorzustellen. Diese wird auf Einladung von Carola Veit, der Präsidentin der Bürgerschaft, in der Freien und Hansestadt Hamburg stattfinden.
Bundesministerin Manuela Schwesig, EU-Kommissar Oettinger in Rostock mit dabei
Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig vertiefte in ihrer Einführungsrede in den zweiten Konferenztag das Thema „Demografischer Wandel und Pflege“. Aufgrund einer Vielzahl struktureller Veränderungen altere die Bevölkerung in Deutschland. Konferenzen wie die Ostseeparlamentarierkonferenz dienten der Findung neuer Lösungsansätze. Die Bundesministerin hob im Zusammenhang mit dem demografischen Wandel auch explizit auf die Flüchtlingsproblematik ab. Sie sprach sich klar für eine ostseeweite Verantwortung zur gerechten Verteilung von Flüchtlingen in der Region aus. Flüchtlinge seien keine Bürde, sondern eine Bereicherung. Im Bereich der Pflege verwies die Ministerin auf das neue Pflegegesetz, das es Arbeitnehmern ermöglicht, bis zu zehn Arbeitstage Anspruch auf ein Pflegeunterstützungsgeld für eine pflegebedürftige Person haben.
Der Europäische Kommissar für Digitale Agenda und Gesellschaft, Günther Oettinger, sprach zur Kooperation im Gesundheitswesen und hob in seinem Beitrag hervor, dass die Datensicherheit bei der digitalen Gesundheitsversorgung höchste Priorität habe. Wenn Gesundheitsdaten und Krankheitsbilder digital gespeichert seien, sei die Privatsphäre gesichert. Mehr Privatsphäre gebe es eigentlich nicht, sagte der für digitale Wirtschaft und Gesellschaft zuständige EU-Kommissar in Rostock. Die Nutzung und Auswertung der Daten dürfe nur in dem Umfang stattfinden, die der Patient erlaube.
Intensive Mitarbeit des Landtages
Die Abgeordneten des Landtags brachten sich umfassend in die Diskussionen der Konferenz ein. In der Debatte zum ersten Sitzungsabschnitt „Zusammenarbeit im Ostseeraum“ hob der Abgeordnete Dr. André Brie die Bedeutung des Zusammenschlusses von Regionen zu Interessenverbänden hervor, um im großen Ganzen der Europäischen Institutionen nicht unterzugehen. Beispiele hierfür seien die Ostseeparlamentarierkonferenz und das Parlamentsforum Südliche Ostsee.
Der Abgeordnete Dietmar Eifler stellte in seinem Beitrag zu „Grenzüberschreitenden Zusammenarbeit im Gesundheitswesen“ die Bedeutung der Gesundheitswirtschaft für Mecklenburg-Vorpommern heraus. Jeder Siebte Beschäftige im Land arbeite in dieser Branche; das Land sei national wie international als Vorreiter auf diesem Gebiet anerkannt. Julian Barlen brachte in seinem Beitrag insbesondere zum Ausdruck, dass das grenzüberschreitende Rettungswesen verbessert werden müsse und regulatorische wie finanzielle Hürden abzubauen seien.
Im dritten Sitzungsabschnitt befassten sich die Ostseeparlamentarier mit wirtschaftlichen Aspekten im Gesundheitswesen. Der Abgeordnete Wolfgang Waldmüller sprach zur Rolle von eHealth-Ageboten, insbesondere im Zusammenhang mit der Erreichbarkeit von ärztlichen Angeboten in ländlichen Regionen. Voraussetzung hierfür sei jedoch, das schnelle Internet in Form von Breitbandnetzen auch in den ländlichen Regionen zu etablieren. Die BSPC solle alle Anstrengungen unternehmen, die Verwirklichung der digitalen Agenda der Europäischen Kommission voranzutreiben.
Im Rahmen eines Runden Tisches zum Abschluss der Konferenz hob der Vorsitzende der Enquete-Kommission, Jörg Heydorn, die Selbstverantwortung der Patienten hervor. Wichtig seien unter anderem die Mobilität insbesondere in ländlichen Regionen sowie die Einbeziehung der Menschen vor Ort. Andererseits werde es nicht möglich sein, allen Menschen überall sämtliche Gesundheitsleistungen vorzuhalten.
Silke Gajek, 3. Vizepräsidentin des Landtages, kritisierte im selben Sitzungsabschnitt eine zunehmende Ökonomisierung des Gesundheitswesens. Der Mensch müsse im Mittelpunkt der Gesundheitsversorgung stehen. Ferner betonte sie die Selbstverantwortung der Menschen und die Bedeutung der Prävention im Bereich der Gesundheit. So haben beispielsweise im Hinblick auf Schulen die Verpflegung sowie der Schulsport einen hohen Stellenwert. Grundvoraussetzung für jegliche Prävention sei jedoch gute Bildung.
Der Maritime Berichterstatter der BSPC, MdL Jochen Schulte, stellte im Ständigen Ausschuss der Konferenz seinen Bericht zu Entwicklungen im Bereich der Integrierten Meerespolitik vor. Schwerpunkte des Berichts stellten die Errichtung einer ostseeweiten Infrastruktur von Schiffsabwasseranlagen sowie die seit dem 1. Januar 2015 geltenden strengeren Regelungen zum Schwefelgehalt in Schiffstreibstoffen dar.
Hier gelangen Sie zum Programm der 24. Ostseeparlamentarierkonferenz. Des Weiteren finden Sie hier eine kurze Zusammenfassung der Konferenz.