Finanzausschuss führt eine öffentliche Anhörung zum Nachtragshaushalt 2023 durch
Der Finanzausschuss des Landtages hat am 2. Dezember 2022 eine öffentliche Anhörung zum Entwurf des Nachtragshaushaltes 2023 durchgeführt.
Die im Finanzausschuss vertretenen Fraktionen haben hierzu im Vorfeld verschiedene Institutionen benannt, die um eine Stellungnahme zum Entwurf des Nachtragshaushaltes 2023 gebeten werden sollten. Entsprechend diesen Vorschlägen hat der Finanzausschuss den Städte- und Gemeindetag Mecklenburg-Vorpommern e. V., den Landkreistag Mecklenburg-Vorpommern, die IHK zu Schwerin, die IHK zu Rostock, den Bund der Steuerzahler, die LIGA der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege in Mecklenburg-Vorpommern e. V., den Landessportbund Mecklenburg-Vorpommern e. V., den Steuerberaterverband Mecklenburg-Vorpommern e. V., den Verband kommunaler Unternehmen, den DGB Bezirk Nord und den 2. Stellvertreter des Landrates des Landkreises Vorpommern-Greifswald um eine Einschätzung zu den vorliegenden Gesetzentwürfen gebeten.
Der Steuerberaterverband Mecklenburg-Vorpommern e. V., der DGB Bezirk Nord und der Verband Kommunaler Unternehmen haben aus terminlichen Gründen sowie aufgrund anderer Verpflichtungen nicht an der Anhörung teilnehmen können.
Der Landessportbund Mecklenburg-Vorpommern e. V. (LSB M-V) hat unter anderem ausgeführt, dass der Nachtragshaushalt dafür geeignet sei, die gesamtgesellschaftlichen Herausforderungen für Mecklenburg-Vorpommern infolge der Energiekrise gut zu bewältigen. Die geplanten Finanzhilfen seien eine wirksame Ergänzung zu den Hilfsprogrammen der Bundesebene. Zudem wurde ausdrücklich begrüßt, dass der gemeinnützig organisierte Sport im Entwurf des Nachtragshaushaltsgesetzes 2023 und im Entwurf des Haushaltsbegleitgesetzes zum Nachtragshaushaltsgesetz 2023 berücksichtigt worden sei. Als tragende Säule der Zivilgesellschaft und als größter Träger von gesundheitsfördernden Bewegungsangeboten erhalte der Sport eine angemessene Anerkennung und Unterstützung bei der Bewältigung der Energiekrise. Unabhängig davon wurde aber auch zu bedenken gegeben, dass der LSB M-V den zusätzlichen finanziellen Bedarf, der durch die bisher geplanten Hilfsprogramme von Bund und Land nicht oder nicht ausreichend abgedeckt sei, bei den Sportvereinen und Sportverbänden auf 3,3 Millionen Euro schätze. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass circa 1.900 Sportvereine und Sportverbände mit etwa 261.000 Mitgliedern im LSB M-V organisiert seien. Davon seien circa 500 Sportvereine direkt von den Energiepreissteigerungen betroffen, die Sportstätten in eigener Bewirtschaftung hätten.
Die LIGA der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege in Mecklenburg-Vorpommern e. V. (LIGA) hat in Bezug auf den Nachtragshaushalt 2023 mit Blick auf die gesamtgesellschaftlichen Herausforderungen infolge der Energiekrise festgestellt, dass zusätzliche Landeshilfen dringend notwendig seien, da der Bund nicht alle Härten der Energiekrise abfedern werde. Vor diesem Hintergrund werde der Nachtragshaushalt grundsätzlich begrüßt. Ob die Finanzhilfen des Landes, die Lücken der Bundeshilfen zu schließen vermögen, sei allerdings von der Ausgestaltung und der Verteilung der Landeshilfen abhängig. Die Hilfen dürften auch nicht erst kurz vor der Insolvenz sozialer Einrichtungen fließen, sondern müssten die sozialen Angebote im Land absichern. Seitens der LIGA wurde zudem betont, dass 10 Millionen Euro für die Bereiche Soziales, Kultur und Sport insgesamt bei weitem nicht ausreichend seien, um die sozialen Angebote zu sichern. Dazu brauche es eine umgehende Evaluierung des tatsächlichen Bedarfs, wofür auch eine intensive Kommunikation mit den sozialen Trägern nötig sei. Die 10 Millionen Euro seien zudem ohne valide Grundlage festgelegt worden, Abstimmungen zur Erhebung der Bedarfe mit den Trägern sozialer Einrichtungen hätten insoweit nicht stattgefunden. Die Bereiche der Allgemeinen Sozialberatung und der Schuldnerberatung müssten zudem auch noch im Härtefallfonds mitberücksichtigt werden. Diese würden bereits jetzt aufgrund der anhaltenden Krisensituation einen kaum zu bewältigenden Beratungsbedarf verzeichnen.
Der Städte- und Gemeindetag Mecklenburg-Vorpommern e. V. hat angesichts der großen finanziellen Herausforderungen im nächsten Jahr die zügige Umsetzung der Ergebnisse zur Unterstützung der Kommunen, die auf dem Kommunalgipfel am 21. November 2022 erreicht worden seien, ausdrücklich begrüßt. Damit werde weiter der Weg der Verlässlichkeit in der Finanzausstattung beschritten, um den Kommunen in den Krisenzeiten die Aufgabenwahrnehmung und Investitionskraft zu gewährleisten. In Bezug auf die Wohngeldreform wurde seitens des Städte- und Gemeindetages Mecklenburg-Vorpommern e. V. allerdings auch erläutert, dass man, wie auch die kommunalen Verbände in den anderen Ländern und auf Bundesebene, wiederholt darauf hingewiesen habe, dass die Wohngeldstellen nicht in der Lage seien, über die zu erwartende hohe Zahl an Anträgen zeitnah zu entscheiden. Der Bundesgesetzgeber sei den Forderungen nach Vereinfachungen trotz der deutlichen Warnungen jedoch nicht gefolgt. Wenn bundesweit mit einer Verdreifachung der Bewilligungen gerechnet werde, werde diese Zahl in Mecklenburg-Vorpommern aufgrund der geringeren Einkommensverhältnisse vieler Haushalte noch höher liegen. Zudem würden die Antragszahlen über der Zahl der Bewilligungen liegen. Die Träger der Wohngeldstellen bemühten sich zwar, zusätzliches Personal einzustellen, jedoch sei das Angebot an dafür geeigneten Kräften sehr begrenzt. Zudem müssten neue Mitarbeiter erst noch geschult und eingearbeitet werden.
Der Vertreter des Landkreises Vorpommern-Greifswald hat unter anderem zur Haushaltslage erklärt, dass die Ansätze des Nachtragshaushaltes helfen würden, die Finanzlage der Kommunen zu verbessern. So prognostiziere der Landkreis Vorpommern-Greifswald eine zusätzliche Belastung des Haushaltes im Jahr 2023 von circa 36,5 Millionen Euro. Durch den vorgelegten Gesetzentwurf zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes werde der Landkreis unmittelbar um etwa 20 Millionen Euro entlastet. Weitere Entlastungen werde es durch höhere Abschlagszahlungen für die Bereiche Kita und BTHG geben. Insgesamt bleibe aber die Aussicht auf eine sehr angespannte Haushaltslage, die im Landkreis Vorpommern-Greifswald eine Kreisumlage von 46,5 Hebesatzpunkten zur Folge habe. Man habe vor allem ein Ausgabenproblem, da Kosten für Energie, Soziales, Jugend und Personal unkalkulierbar steigen würden. Insgesamt gesehen würden die Hilfen und Ansätze noch nicht ausreichen, um die aktuellen Probleme zu lösen. In Bezug auf die Infrastrukturpauschale wurde zudem angemerkt, dass die Weiterführung der Pauschale in Höhe von 150 Millionen Euro sehr zu begrüßen sei. Insgesamt gesehen würden diese Mittel aber nicht ausreichen, um die bestehenden Defizite in der kommunalen Infrastruktur zu beseitigen.
Der Bund der Steuerzahler Mecklenburg-Vorpommern e. V. (BdSt) hat in seiner schriftlichen Stellungnahme unter anderem ausgeführt, dass der vorliegende Gesetzentwurf erkennbar von dem Wunsch getragen sei, den Herausforderungen der Energiekrise wirkungsvoll zu begegnen und die jetzt notwendigen Maßnahmen gleichzeitig als Motor für den erforderlichen Transformationsprozess zu begreifen. Dies sei eine Chance, vielleicht sogar die vorerst letzte für Mecklenburg-Vorpommern, um Anschluss an die technologische Entwicklung zu finden, Mecklenburg-Vorpommern als Wirtschaftsstandort zu etablieren und dementsprechend Fachkräfte zu binden beziehungsweise auszubilden. All dies sei dringend notwendig, um angesichts der demografischen Entwicklung die Steuereinnahmen langfristig zu stabilisieren. Dazu bedürfe es einer konsequenten Ausrichtung auf strategisch zu entwickelnde Ziele, einer sparsamen Haushaltsführung unter der Abbildung zukünftig entstehender Kosten. Vor allem brauche es dafür Transparenz, um die Bürgerinnen und Bürger bei allen jetzt notwendigen Entscheidungen einzubinden beziehungsweise mitzunehmen. Der jetzt vorgelegte Nachtragshaushalt könne zudem nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Landeshaushalt gravierende strukturelle Probleme habe.
Die IHK zu Schwerin und die IHK zu Rostock haben eine gemeinsame schriftliche Stellungnahme übersandt, in der sie unter anderem ausgeführt haben, dass der Nachtragshaushalt erforderlich sei und die finanziellen Handlungsmöglichkeiten der Landesregierung für die anstehenden Herausforderungen sichere. Die Herausforderungen der Energiekrise könnten nicht allein durch die Deckelung der Gas- und Strompreise und angekündigter Härtefallregelungen des Bundes abgedeckt werden. Es seien flankierende Maßnahmen der Länder erforderlich, um mögliche Lücken in der monetären Begleitung des Bundes zu schließen. Grundsätzlich positiv sei, dass der MV Energiefonds mit über 1,1 Milliarden Euro ein erhebliches Volumen umfasse und zur Abmilderung von Härten und zur Transformierung der Energieversorgung und Wirtschaft im Land beitragen könne. Die vorliegenden Gesetzentwürfe seien in Bezug auf die Abmilderung der Herausforderungen zur Bekämpfung der Energiekrise ein wichtiger Ansatz. Zugleich sollten sich die unter dem MV Energiefonds dargestellten möglichen Maßnahmen nicht allein auf die Bekämpfung beziehungsweise Abmilderung der Folgen beschränken. Die aktuelle Energiekrise könne und müsse als Chance für die weitere wirtschaftliche Entwicklung des Landes ergriffen werden. Positiv hervorzuheben seien aus Sicht der IHKs die insgesamt 838 Millionen Euro die in der 1. Säule „Zukunftsinvestitionen/Transformation“ zur Verfügung stünden. Hier sei mit 511 Millionen Euro an Bundesmitteln im Vergleich zu 327 Millionen Euro an Landesmitteln eine erhebliche Hebelwirkung festzustellen. Zu begrüßen sei auch, dass mit den Mitteln auch Investitionen in die Wasserstoffwirtschaft (IPCEI-Projekte) vorgesehen seien, durch die mittel- und langfristig eine große Wertschöpfung, auch in Bezug auf mögliche Industrieansiedlungen, generiert werden könne.
Der Landkreistag Mecklenburg-Vorpommern hat in seiner schriftlichen Stellungnahme unter anderem zum geplanten neuen § 8 Satz 1 Nummer 4 Buchstabe a FAG M-V – mithin zu den Einnahmen aus der Umsatzsteuer vom Bund für flüchtlingsbedingte Kosten – ausgeführt, dass die geplante Regelung die Einnahmen aus der Umsatzsteuer vom Bund für flüchtlingsbedingte Kosten in Höhe von 23 625 000 Euro ab dem Jahr 2023 als berücksichtigungsfähige Einnahmen zugunsten des Landes mit der Folge ausschließe, dass der kommunale Anteil an diesen Einnahmen nicht an die kommunale Ebene weitergeleitet werde. Auf dem Kommunalgipfel seien insoweit lediglich folgende zwei Vereinbarungen für das Jahr 2023 getroffen worden: „Trotz der gegenüber dem Jahr 2022 rückläufigen Bundesmittel für die Kriegsvertriebenen aus der Ukraine wird der kommunalen Ebene für das Jahr 2023 weiterhin ein Betrag von 5,8 Millionen Euro über das FAG M-V zur Verfügung gestellt, der horizontal belastungsorientiert verteilt wird.“ „Für das Jahr 2023 reduziert sich der Betrag entsprechend der Bundesmittel auf 1,661 Millionen Euro.“ Damit sei aber für die Jahre ab 2023 keine Regelung vereinbart worden. Die Änderung des § 8 Satz 1 Nummer 4 Buchstabe a FAG M-V werde daher durch den Landkreistag Mecklenburg-Vorpommern abgelehnt.