68. Sitzung - Herr Rüdiger Strempel im Agrarausschuss: Expertengespräch zum Schutz der Ostsee
Herr Rüdiger Strempel im Agrarausschuss: Expertengespräch zum Schutz der Ostsee
Anlässlich seiner 68. Sitzung am 26. März 2025 hat der Agrarausschuss unter dem Vorsitz von Frau Dr. Slyva Rahm-Präger Herrn Rüdiger Strempel, Exekutivsekretär der Helsinki-Kommission, zu einem Expertengespräch eingeladen.
Das Thema des Gesprächs war die Arbeit der HELCOM, die für den Schutz der Meeresumwelt im Ostseeraum arbeitet.
Rüdiger Strempel – Experte für internationalen Meeresschutz
Rüdiger Strempel ist seit 2019 Exekutivsekretär der Baltic Marine Environment Protection Commission, auch bekannt als Helsinki-Kommission (HELCOM), einer internationalen Organisation, die sich dem Schutz der Ostsee widmet. Der studierte Völkerrechtler verfügt über langjährige Erfahrung in den Bereichen Umweltrecht und -politik, insbesondere im internationalen Meeresschutz.
Er war unter anderem Exekutivsekretär des Übereinkommens zur Erhaltung der Kleinwale in der Ostsee, dem Nordostatlantik, der Irischen See und der Nordsee (UNEP/ASCOBANS) und des Gemeinsamen Wattenmeersekretariats (CWSS). Darüber hinaus arbeitete er als Berater für Organisationen der Vereinten Nationen wie das UN-Freiwilligenprogramm (UNV) und das UN-Klimasekretariat (UNFCCC).
HELCOM – Internationale Kooperation zum Schutz der Ostsee
Die HELCOM wurde auf Grundlage der 1974 unterzeichneten Helsinki-Konvention gegründet, die 1992 überarbeitet wurde und heute zehn Vertragsparteien umfasst (darunter Deutschland, die EU, Schweden und Polen). Sie ist ein völkerrechtlich verbindliches Instrument mit über 260 Empfehlungen zur Verbesserung des ökologischen Zustands der Ostsee.
Seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine im Jahr 2022 befindet sich die Kommission in einer sogenannten „strategischen Pause“. Offizielle Sitzungen der HELCOM-Gremien wurden ausgesetzt; die Zusammenarbeit erfolgt seither im informellen „HELCOM 9“-Format ohne Beteiligung Russlands.
Aktuelle Herausforderungen für die Ostsee
Im jüngsten Bericht „State of the Baltic Sea 2023“ wurde festgestellt, dass sich der Umweltzustand der Ostsee zwischen 2016 und 2021 kaum verbessert hat. Hauptursachen sind:
- Eutrophierung durch Nährstoffeinträge (v. a. aus der Landwirtschaft)
- Verschmutzung, Klimawandel und Biodiversitätsverlust
- Intensive Nutzung der Ostsee durch Schiffsverkehr, Rohstoffabbau und Landnutzung
Rund 93,8 % des untersuchten Ostseegebiets befinden sich in keinem guten Umweltzustand. In Deutschland stammen laut HELCOM über 50 % der Phosphoreinträge und rund 48 % der Stickstoffdeposition aus der Landwirtschaft. Der Verkehrssektor folgt mit 34 % (v. a. Straßenverkehr). Eine zusätzliche Herausforderung stellt die Verweildauer der Schadstofffrachten in der Ostsee dar, die aufgrund des geringen Wasseraustausches in der Region auf 35 Jahre geschätzt wird. Dies bedeutet, dass die positiven Auswirkungen von Umweltmaßnahmen nicht zeitnah messbar sind.
Gleichzeitig wird festgestellt, dass die Maßnahmen zur Verringerung der Umweltbelastungen der Ostsee wirken, wenn sie umgesetzt werden. Auch die wissenschaftliche Erkenntnislage über das Ökosystem Ostsee sowie die darauf abgestimmte Umweltpolitik haben sich in den vergangenen sechs Jahren deutlich weiterentwickelt.
Der Ostsee-Umweltaktionsplan 2021
Als Reaktion auf den weiterhin kritischen Zustand der Ostsee wurde im Jahr 2021 der überarbeitete Baltic Sea Action Plan (BSAP) verabschiedet.
Dieser umfasst 199 Maßnahmen mit individuellen Zieljahren, die bis spätestens 2030 umgesetzt sein müssen. Sie betreffen u. a.:
- Nährstoffreduktion und -recycling
- Vermeidung von Meeresmüll
- Schutz vor Unterwasserlärm
- Klimawandelanpassung und -monitoring
- Meeresraumplanung (ökosystembasiertes Management)
Ziel ist eine „gesunde Ostsee-Umwelt“, die nachhaltige wirtschaftliche und soziale Aktivitäten ermöglicht. Fortschritte werden regelmäßig durch ganzheitliche Umweltbewertungen erfasst, die alle sechs Jahre durchgeführt werden.
Im Expertengespräch brachte Herr Strempel seine umfassende Expertise ein und schilderte eindrücklich die aktuellen Herausforderungen für den Schutz der Ostsee. Im Anschluss trat er in einen offenen Austausch mit den Abgeordneten.
Sein Beitrag verdeutlichte einmal mehr, wie entscheidend internationale Zusammenarbeit, wissenschaftsbasierte Maßnahmen und politischer Wille für den Erhalt und die Wiederherstellung mariner Ökosysteme sind – nicht nur in der Ostsee, sondern weltweit. In diesem Zusammenhang ist auch die enge Anbindung parlamentarischer Gremien von großer Bedeutung: Die Ostseeparlamentarierkonferenz besitzt seit 2002 einen Beobachterstatus bei der HELCOM. Dieser wird derzeit von der Ersten Vizepräsidentin des Landtages und Mitglied des Agrarausschusses, Beate Schlupp, wahrgenommen, die die zentralen Aktivitäten der HELCOM-Gremien kontinuierlich begleitet.