Informationsfahrt des Ausschusses für Inneres, Bau und Digitalisierung nach Lissabon
Vom 18. bis 22. März 2024 informierte sich der Innenausschuss in Lissabon insbesondere zu den Themen innere Sicherheit, Brand- und Katastrophenschutz, Migration, Digitalisierung und nachhaltiges Bauen.
Nach der Anreise begrüßte die Botschafterin der Bundesrepublik Deutschland in Lissabon, Dr. Julia Monar, den Ausschuss und erläuterte die politische Lage in Portugal. Nach dem Rücktritt des Premierministers António Costa am 7. November 2023 wegen Korruptionsermittlungen habe es am 10. März 2024 vorgezogenen Parlamentswahlen gegeben. Da bei der Wahl keine der angetretenen Parteien eine Regierungsmehrheit habe erreichen können, zeichne sich eine Minderheitsregierung der konservativen Demokratischen Allianz (AD) ab, was in Portugal aber nicht unüblich sei. Koalitionen seien hingegen weniger akzeptiert. Die politischen Unsicherheiten hätten sich aber nicht auf die wirtschaftliche Lage des Landes ausgewirkt, die derzeit gut sei. Dr. Julia Monar betonte zudem das ausgezeichnete Verhältnis zwischen Portugal und Deutschland, deren Positionen innerhalb der EU zu etwa 90 Prozent übereinstimmten. Dr. Julia Monar erklärte, dass die Nelkenrevolution, die in diesem Jahr ihren 50. Jahrestag feiere, ein grundlegender politischer Umsturz in Portugal gewesen sei. Am 25. April 1974 sei die autoritäre Diktatur des seit 1933 bestehenden Estado Novo beendet und der Übergang zur Demokratie eingeleitet worden.
Am Folgetag unternahm die Botschafterin zusammen mit der Delegation eine Führung durch das Museum Aljube – Widerstand und Freiheit. Das 2015 gegründete städtische Museum ist in einem ehemaligen Gefängnis untergebracht und widmet sich dem Gedenken an den Kampf gegen die Diktatur und den Widerstand für Freiheit und Demokratie.
Im Anschluss daran fand ein Besuch bei der Nationalen Behörde für Notfall- und Katastrophenschutz (ANEPC – Autoridade Nacional de Emergência e Proteção Civil) statt. Dort erfolgte ein Austausch zum Thema Katastrophenschutz, insbesondere zu dessen Struktur und Aufstellung. Auch besondere Strategien und Szenarien in besonderen Situationen, wie etwa bei Großbränden, wurden erörtert. Dabei wurde immer wieder betont, wie wichtig die Stärkung der Resilienz sowie eine länderübergreifende Zusammenarbeit im Katastrophenschutz seien.
Der dritte Termin an diesem Tag fand bei der Polizei für Öffentliche Sicherheit (PSP – Polícia de Segurança Pública) statt. Diese zeigte eine Präsentation zu Großveranstaltungen und dem Weltjugendtag, der im August 2023 in Lissabon stattgefunden habe. Anlässlich des Besuches des Papstes hätten sich 700.000 Besucherinnen und Besucher im Stadtzentrum eingefunden, was einen erheblichen Kräfteeinsatz erfordert habe. Als weiterer Schwerpunkt wurde dem Ausschuss der 2023 aktualisierte Strategieplan zur Digitalisierung in der Polizei vorgestellt. Abschließend stand das Thema Personalgewinnung, insbesondere über die Hochschule für Polizeiwissenschaften, auf dem Programm.
Der Mittwoch begann mit einem Besuch der neuen Staatlichen Agentur für Integration, Migration und Asyl (AIMA – Agência para a Integração, Migrações e Asilo). Mit der Neugründung dieser Behörde solle die Umsetzung nationaler und europäischer Migrations- und Asylpolitiken in Bezug auf die Einreise und den Aufenthalt sowie die Aufnahme und Integration ausländischer Staatsbürgerinnen und Staatsbürger im Rahmen einer einzigen Verwaltungseinheit erfolgen, die einen globalen Ansatz für ihre Verwaltung verfolge. In einer Präsentation wurden dem Ausschuss das Vorgehen, die Zuständigkeiten und Strategien in diesem Zusammenhang vorgestellt.
Dann ging es weiter zum Portugiesischen Feuerwehrverband (Liga dos Bombeiros Portugueses), der im Jahr 1930 gegründet wurde und alle Feuerwehren im Land vertritt. Dort wurde der Delegation über die Organisation, Aufgaben, Finanzierung und Ausstattung der Feuerwehren in Portugal berichtet. Besondere Herausforderungen stellten der Klimawandel sowie die Nachwuchsgewinnung dar. Ein Schwerpunkt des Gespräches war auch der Umgang mit Waldbränden.
Dieses Thema hat der Innenausschuss am Abend im Rahmen eines Arbeitsessens mit Professor Francisco Castro Rego, Professor für Agrarwissenschaften an der Universität Lissabon, weiter vertieft. Dieser ist Fachmann für Wälder und ehemaliger Vorsitzender der „Unabhängigen technischen Beobachtungsstelle für die Analyse, Überwachung und Bewertung von Wald- und Landbränden“, die das portugiesische Parlament nach den großen Waldbränden im Jahr 2017 beraten hat. Dieser diskutierte mit den Ausschussmitgliedern über Ursachen, Prävention und Bekämpfung von Waldbränden.
Zuvor fand aber noch der Besuch bei der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EMCDDA) statt. Nach der Begrüßung und Vorstellung des EMCDDA wurden dem Ausschuss Politiken und Gesetzgebung bezüglich Drogen in Europa und nicht-europäischen Staaten präsentiert sowie auf die Besonderheiten der portugiesischen Drogenpolitik und deren Auswirkungen eingegangen. So stellten der Besitz und Konsum bestimmter Mengen an Drogen, die als Eigenbedarf gewertet würden, in Portugal keine Straftat, sondern nur eine Ordnungswidrigkeit dar. Dies gelte auch für harte Drogen. Gleichzeitig seien die Präventions- und Beratungsmaßnahmen ausgeweitet worden. Wer mit einer solchen Menge von bis zu zehn Tagesdosen aufgegriffen werde, werde aufgefordert, eine „Kommission zur Vermeidung des Drogenkonsums" aufzusuchen. Die Kommission führe dann mit dem Konsumenten ein offenes Gespräch, in dem beleuchtet werde, warum Drogen konsumiert würden und welche Risiken damit einhergingen. Die Kommission könne im Bedarfsfall zudem verschiedene Therapieformen vorstellen.
Am Donnerstag informierte sich der Ausschuss im Rahmen eines Besuches bei der Agentur für die Modernisierung der Verwaltung (AMA – Agência para a Modernização Administrativa) über die Digitalisierungs- und Modernisierungsstrategie für die öffentliche Verwaltung Portugals. Beispielsweise seien über das Portal „ePortugal.gov“ bisher etwa 40 Prozent der öffentlichen Dienste digital konzentriert abrufbar. Dort gebe es auch eine digitale Kundenbetreuung. Ziel sei eine Erweiterung auf alle öffentlichen Dienstleistungen und insgesamt 16 Sprachen. Zudem sei der Personalausweis seit 2007 mit bestimmten Daten und Funktionen ausgestattet. Seit 2021 werde eine erneuerte Version mit weiteren Funktionen herausgegeben, die beispielsweise auch Zahlungen von Tickets und die Eröffnung eines Bankkontos über die Ausweiskarte ermögliche. Darüber könne ein mobiler digitaler Schlüssel erstellt werden, der physische Ausweise und Karten gänzlich entbehrlich mache.
Danach ging es zum städtischen Unternehmen Lisboa Ocidental SRU, wo den Ausschuss eine Präsentation zum Thema nachhaltiges Bauen in Lissabon am Beispiel der Wohnungsbaupilotprojekte Entrecampos und Marvila sowie öffentlicher Einrichtungen, wie Kindergärten, Schulen und Gesundheitszentren, erwartete. Eine Herausforderung sei neben der Energieeffizienz auch die Erdbebensicherheit der Gebäude.
Einen gelungenen Abschluss stellte der Besuch der European Maritime Safety Agency (EMSA) dar. Zuerst erfolgte eine Präsentation der Aufgaben und Fähigkeiten der Agentur im Rahmen der technischen Beratung und operativen Unterstützung für die Sicherheit und Gefahrenabwehr auf See sowie bei der Bekämpfung der Meeresverschmutzung. So sei die EMSA dazu in der Lage, über einen Satelliten innerhalb von 15 Minuten ein Foto eines beliebigen Meeresbereiches zu erstellen. Im Anschluss daran erhielt der Ausschuss die Möglichkeit einer Besichtigung der Agentur.
Am Freitag verließ die Schweriner Delegation Lissabon mit vielen spannenden Eindrücken und Anregungen im Gepäck.