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Tilo Gundlack, MdL beim 146. Plenum des Europäischen Ausschusses der Regionen

  • Sitzungsraum des 146. AdR-Plenums (Foto: Landtag M-V)
  • Tilo Gundlack, MdL (o.l.) mit AdR-Präsident Tzitzikostas

Vom 11. bis 14. Oktober 2021 wird der Landtagsabgeordnete Tilo Gundlack online an der 146. Plenartagung des Europäischen Ausschusses der Regionen (AdR) mitwirken, die parallel zur Europäischen Woche der Regionen und Städte stattfinden wird.

In Debatten mit den EU-Kommissaren Maroš Šefčovič, Virginijus Sinkevičius, Janez Lenarčič und Dubravka Šuica  werden sich die Lokal- und Regionalvertreter der EU unter anderem mit den Herausforderungen der Gemeinden und Regionen (EU-Jahresbarometer), dem Europäischen Green Deal, dem EU-Katastrophenschutz sowie mit den Arbeiten der EU-Zukunftskonferenz befassen.

Sie werden voraussichtlich insgesamt sieben Stellungnahmen und zwei Entschließungen verabschieden.

„Kein Platz für humanitätsfreie Zonen in der EU“ – Für eine Union der Gleichheit

Die AdR-Mitglieder werden über einen Stellungnahmeentwurf zur Mitteilung „Eine Union der Gleichheit“ der EU-Kommission vom November 2020 abstimmen. Letztere enthält eine Strategie für die Gleichstellung der Gruppe der LGBTIQ für die Jahre 2020–2025. Hierzu gehören lesbische, schwule, intersexuelle, bi- und transsexuelle Menschen und/oder solche Menschen, deren geschlechtliche und/oder sexuelle Identität jenseits der binären Geschlechtereinteilung und/oder Heterosexualität verortet ist.

Sich auf die EU-Verträge und die EU-Grundrechtecharta berufend, beschreibt die EU-Kommission in ihrer Mitteilung, dass auf nationaler Ebene bereits 21 der 27 EU- Mitgliedstaaten, darunter Deutschland, die gleichgeschlechtliche Ehe rechtlich anerkannt haben. Dänemark, Irland, Luxemburg und Malta haben außerdem schon Verfahren zur rechtlichen Anerkennung der Geschlechtszugehörigkeit ohne medizinische Anforderungen eingeführt.

Die EU-Kommission hatte eine Handlungsempfehlung mit Maßnahmen zur Durchsetzung und Überwachung der Rechte der LGBTIQ vorgelegt. Der AdR-Stellungnahmeentwurf begrüßt diese Arbeiten und wendet sich gegen die Diskriminierung und Marginalisierung von LGBTIQ, die unter anderem von einzelnen nationalen und regionalen Regierungen in der EU ausgeht. Ferner teilt der Entwurf das Anliegen der EU-Kommission, Hetze, Hasskriminalität und Gewalt, der LGBTIQ noch immer zum Opfer fallen, entgegenzuwirken. Er geht auf die Notwendigkeit ein, medizinischen Eingriffen bei intersexuellen Kleinkindern und Jugendlichen, also solchen, die sich von Geburt an nicht anhand der herkömmlichen Klassifizierung „männlich“ oder „weiblich“ über die Geschlechtsmerkmale bestimmen lassen, ein Ende zu setzen. Der Entwurf richtet sich somit gegen medizinische Eingriffe, die, ohne hinreichende Kenntnisse der Sachlage auf Seiten der Eltern/Betroffenen und ohne lebensnotwendig zu sein, durchgeführt werden und die Anpassung an normierte weibliche oder männliche Genitalien zum Ziel haben.

Der Stellungnahmeentwurf des AdR unterstützt außerdem alle Bemühungen zur Verhinderung von Konversionstherapien und erzwungenen medizinischen Eingriffen für intersexuelle und trans* Personen (einschließlich der intersexuellen Genitalverstümmelung und Zwangssterilisation); zudem fordert er die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften auf, derartigen Initiativen, wenn sie in ihren Räumlichkeiten tätig sind, Einhalt zu gebieten und Mittel bereitzustellen, um solche Praktiken zu beenden, wobei dem Schutz von Kindern und Jugendlichen besondere Aufmerksamkeit gelten soll.

Die EU-Kommission hat Anfang September 2021 fünf polnische Regionen, die von der Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) regiert werden, angeschrieben und sie aufgefordert, die von ihren lokalen Regierungen verabschiedeten Anti-LGBT-Erklärungen aufzuheben. Die Erklärungen sollten aufgehoben werden, damit die Regionen weiterhin Finanzmittel erhalten können, heißt es in den Schreiben. Die Zahlungen aus dem REACT-EU-Fonds in Höhe von 126 Millionen Euro wurden bereits ausgesetzt.

Für eine Beteiligung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften an der Programmplanung der EU und für kongruente Programmplanungszeiträume

Des Weiteren fordert der AdR in einem Stellungnahmeentwurf die wirksame Einbeziehung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in die Ausarbeitung der Partnerschaftsvereinbarungen und operationellen Programme der Europäischen Struktur- und Investitionsfonds für den Zeitraum 2021-2027 und in neue Instrumente des Programms NextGenerationEU wie den Fonds für einen gerechten Übergang und die Aufbau- und Resilienzfazilität, die sich erheblich auf die Kohäsionspolitik auswirkt.

EU-Strategie über Kinderrechte und Einführung einer europäischen Garantie für Kinder

Der Vorschlag der EU-Kommission für eine Empfehlung des Rates bezüglich einer EU-Garantie für bedürftige Kinder, deren Einführung bereits 2015 das EU-Parlament gefordert hat, zielt auf die Reduzierung sozialer Ausgrenzung, Armut und Ungleichheit, durch einen kostenlosen Zugang zu Diensten wie (frühkindlicher) Bildung,Erziehung,Betreuung, Gesundheitsversorgung und einer gesunden Mahlzeit pro Schultag ab. Die Zahl der von Armut bedrohten Kinder in der EU soll um mindestens fünf Millionen verringert werden. Zur Unterstützung der Maßnahmen der Mitgliedstaaten stehen Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds Plus, dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung, React-EU, Invest-EU, dem Instrument für technische Unterstützung und dem „EU-Hilfsfonds für die am stärksten benachteiligten Personen“ bereit. Auch wird das EU-Programm zur Verteilung von Obst, Gemüse und Milchprodukten zunächst bis 2023 fortgeführt.

Die AdR-Mitglieder fordern in ihrem Entwurf einer Stellungnahme, bei der Einführung einer europäischen Garantie für Kinder einbezogen zu werden sowie eine ausreichende finanzielle Unterstützung seitens der EU-Mitgliedstaaten, die Aktionspläne für den Zeitraum bis 2030 vorzulegen haben. Die AdR-Mitglieder begrüßen zudem den Vorschlag der EU-Kommission, nationale Koordinatoren für die Kindergarantie zu benennen und ein EU-Netzwerk für die Rechte des Kindes aufzubauen. Sie sprechen sich entschieden gegen die Ingewahrsamnahme von Kindern aus Migrationsgründen aus, fordern wahrheitsgetreue Informationen über die COVID-19-Impfung von Kindern und eine Bewertung der psychischen Auswirkungen der Pandemie.

Sie betonen außerdem die Notwendigkeit einer bedarfsorientierten Finanzierung von Schulen und Kitas, die auch den Erhalt kleinerer Schulen im ländlichen Raum garantiert.

Der AdR-Stellungnahmeentwurf bezieht sich auch auf die neue Mitteilung der EU-Kommission über eine EU-Kinderrechtsstrategie, die die Teilhabe von Kindern am politischen und demokratischen Leben in der EU, ihre Bildung und Gesundheit und gute sozioökonomische Lage, die Verhütung von jeglicher Form von Gewalt und Diskriminierung, eine kindgerechte Justiz, und eine sichere digitale Umgebung für Kinder anstrebt, auch unter Achtung der globalen Dimension der Rechte des Kindes.

Der Entwurf des AdR begrüßt die Zusage der EU-Kommission, darauf hinzuwirken, dass es in den Lieferketten von EU-Unternehmen keine Kinderarbeit gibt, insbesondere durch eine Gesetzgebungsinitiative zur nachhaltigen Unternehmensführung. Er fordert des Weiteren ein Einfuhrverbot für Erzeugnisse, die durch Kinderarbeit hergestellt wurden.

Der AdR-Stellungnahmeentwurf ist aus Sicht des Flächenlandes Mecklenburg-Vorpommern bedeutsam, wo bereits die medizinische Versorgung durch Kinderkliniken und Frühchen-Stationen, letztere an zwei von vier Standorten, auf dem Spiel steht und in diesem Jahr 1075 Schüler*innen, d.h. 8,1% aller Schulabgänger, mit weniger als der Berufsreife verlassen haben. In Mecklenburg-Vorpommern ist laut dem Kinderschutzbund jedes dritte Kind arm. Auch haben im vergangenen Jahr 2155 von 11315 (19%) der Berufsschüler trotz Ausbildung keinen Berufsabschluss erreicht.

Entschließung zur Vertragsstaatenkonferenz COP-26 der UN-Klimarahmenkonvention

Der AdR-Entschließungsentwurf zur UN-Klimakonferenz COP-26 fordert unter anderem eine Vereinbarung der Klimarahmenkonvention (UNFCCC) mit dem AdR und eine Anerkennung, Überwachung und Förderung lokaler und regionaler Beiträge zum Klimaschutz. Er tritt außerdem für den Ausbau der interregionale Zusammenarbeit sowie lokaler wissenschaftlicher Plattformen zur Unterstützung der Entscheidungsfindung von Mandatsträgern ein, wirbt für die Einbindung subnationaler Energieagenturen in die Meldung und Bewertung von Emissionen und einen Beitritt zum EU-Bürgermeisterkonvent für Klima und Energie. Daneben betont er die Rolle nachhaltiger Investitionen, eines mit WTO-Regeln zu vereinbarenden CO2-Grenzausgleichsmeachnismus sowie einer besseren Berücksichtigung von Umwelt- und Klimaschutzerwägungen in der EU-Handelspolitik.

Mecklenburg-Vorpommern ist das erste Bundesland, das sich bereits heute - rechnerisch - zu 100 Prozent aus erneuerbaren Ener­gien versorgen kann und es bietet viele Ansatzpunkte für eine innovative Kreislaufwirtschaft. In seinem Bericht vom März 2021 benannte der Zukunftsrat MV u.a. den naturbasierten Klimaschutz/die klimafreundliche Landnutzung als große Chance für Mecklenburg-Vorpommern. Das Bundesland habe das Potenzial, in naher Zukunft und ohne massive wirtschaftliche und soziale Einschnit­te Klimaneutralität zu erreichen. Voraussetzung dafür sei auch, die gegenwärtigen sehr hohen Treib­hausgas-Emissionen aus entwässerten Moorböden (30 Prozent der Gesamt-Emissionen in MV) zu senken, indem die Entwässerung der Moore beendet und teilweise auf “nasse” Land- und Forstwirt­schaft umgestellt wird. Gleichzeitig könne die Klimawirksamkeit des Waldes durch Förderung alter und dichter Wälder, Stabilisierung des vorhandenen Waldbestandes und standortgerechte Aufforstungen verstärkt werden.

Europäische digitale Identität

Die EU-Vorschriften über elektronische Identifizierung und entgeltliche elektronische Dienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt (eIDAS-Verordnung) aus dem Jahr 2014 zielen darauf ab, nationale elektronische Identifizierungssysteme europaweit interoperabel zu machen, um den Zugang zu Online-Diensten zu erleichtern. In der EU-Digitalstrategie "Die digitale Zukunft Europas gestalten" hat die EU-Kommission angekündigt, die eIDAS-Verordnung zu überarbeiten, um ihre Wirksamkeit zu verbessern, ihre Anwendung auf den privaten Sektor auszuweiten und vertrauenswürdige digitale Identitäten („EUid-Brieftaschen“) für alle Europäer zu fördern. Mit ihrem Vorschlag für eine Verordnung zur Änderung von Verordnung (EU) Nr. 910/2014, die auf dem Gesetz über digitale Märkte aufbaut und einem angemessenen Sicherheitsniveau bei elektronischen Identifizierungsmitteln dient, sollen unter anderem eine grenzübergreifende Reichweite ermöglicht und die Belange des Schutzes der Privatsphäre und der Daten bei der Nutzung von Anwendungen behandelt werden, die nicht unter die eIDAS-Verordnung fallen wie Identitätslösungen der sozialen Medien oder Finanzinstitute. Außerdem sollen Mindestanforderungen an Sicherheit und Haftung für die Anbieter von Website-Authentifizierungsdiensten festgelegt werden.

Weitere Abstimmungen über Stellungnahme- und Entschließungsentwürfe des AdR sind zu den Themen Terrorismusbekämpfung, Katastrophenschutz, EU-Verbraucheragenda und dem EU-Jahresbarometer geplant.

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