Am 8. Juli 2024 führte der Ausschuss für Inneres, Bau und Digitalisierung eine gemeinsame Sitzung mit der Parlamentarischen Kontrollkommission durch und ließ sich durch das Innenministerium den Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2023 vorstellen. Innenminister Christian Pegel und der Leiter der Abteilung Verfassungsschutz im Innenministerium Thomas Krense erläuterten die im Jahr 2023 festgestellten Entwicklungen in den einzelnen vom Verfassungsschutz beobachteten Phänomenbereichen.
Innenminister Christian Pegel betonte, dass es in allen vom Verfassungsschutz im Rahmen der Sicherheitsinteressen des Bundeslandes und der Bundesrepublik Deutschland betrachteten Aufgabenfeldern hohe Bedrohungssituationen gebe. Der Rechtsextremismus und -terrorismus stelle in Mecklenburg-Vorpommern weiterhin die größte Gefahr für die Demokratie dar. In diesem Bereich habe es vom Jahr 2022 auf das Jahr 2023, wie bereits in den letzten Jahren, eine leichte Zunahme gegeben. Der Phänomenbereich des Rechtsextremismus und Rechtsterrorismus nehme in Mecklenburg-Vorpommern gemessen am Gesamtpersonenpotenzial einen Anteil von mehr als 50 Prozent ein. Im Rahmen der Zuständigkeit des Bundesamtes für Verfassungsschutz sei es hingegen nur ein knappes Viertel. Im Vergleich zum Jahr 2022 sei im Jahr 2023 die Organisation in Parteien bei Rechtsextremisten und Rechtsterroristen deutlich zurückgegangen. Dies sei bereits seit mehreren Jahren zu beobachten. Auch die organisierte parteipolitische Struktur für den Rechtsextremismus sei rückläufig sei. Das parteiunabhängige beziehungsweise parteiungebundene Strukturenspektrum sei dafür größer geworden.
Bei den Reichsbürgern und Selbstverwaltern gebe es ein leicht gestiegenes Gesamtpotenzial von 670 auf 690 Personen. Die eigentlich wenig auf Struktur angelegte Reichsbürger- und Selbstverwalterszene sei nun untereinander stärker und besser vernetzt. Es werde in diesem Bereich weiterhin eine hohe Gewaltbereitschaft und insbesondere eine Waffenaffinität gesehen. Gerade aus der Waffenaffinität und der Ablehnung staatlicher Strukturen entstünden die Gefahren von gewaltbereiten Aktivitäten. Die Szene versuche weiterhin, andere Protestgeschehen, die sich vielfältig zusammensetzen könnten, für die Herstellung von Anschlussfähigkeit zu nutzen. Die Vernetzung mit Akteuren aus dem Bereich anderer beobachteter Bereichstypen und Phänomene nehme zu.
Der Innenminister wies darauf hin, dass der Phänomenbereich des Linksextremismus sowohl im Gesamtpersonenbestand als auch bei den gewaltorientierten Beteiligten auf einem bisher bereits bekannten Niveau bleibe, nachdem in den Vorjahren zum Teil ein deutliches Abschmelzen erkennbar gewesen sei. Im Vergleich zum bundesweiten Schnitt bewege man sich im Land auf einem geringeren Niveau. Der Linksextremismus mache bundesweit fast ein Viertel der Intensität aus. In Mecklenburg-Vorpommern nehme dieser Bereich lediglich 12 Prozent ein.
Diejenigen Personen, bei denen Bestrebungen gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung festgestellt worden seien, die aber keiner der bisher vorhandenen Ordnungskategorie hätten zugeordnet werden können, fielen gegebenenfalls in den Auffangtatbestand der verfassungsschutzrelevanten Delegitimierung des Staates. In dem Bereich gebe es eine Steigerung von 30 auf 50 Personen. Die Anzahl der nach Einschätzung des Innenministeriums davon gewaltbereiten Beteiligten habe sich verdoppelt und mache mit insgesamt 40 Prozent durchaus einen erheblichen Anteil aus.
Im Islamismus/islamistischen Terrorismus sei eine ganz leichte Zunahme zu verzeichnen. Zudem gebe es bundesweit eine zumindest abstrakt hohe Gefährdungslage durch islamistische Anschläge. Im Islamismus beziehungsweise dem islamistischen Terrorismus werde bundesweit weiterhin eine erhebliche Bedrohung für die innere Sicherheit gesehen, was sich auch im Bundesland auswirke.
Das gleiche gelte beim auslandsbezogenen Extremismus. In diesem Bereich sei der einzig bedeutende Akteur in Mecklenburg-Vorpommern die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK). Dort sei ein ganz leichter Zuwachs zu verzeichnen.
Deutlich zugenommen habe nach Feststellung des Verfassungsschutzes in den letzten Jahren die ausländische Destabilisierung durch Spionage, Cyberattacken und Desinformationen, was unter der großen Überschrift hybride Bedrohung gefasst werde. Dabei seien es bundesweit und in den Bundesländern, wie auch schon in den Vorjahren, vier Länder, auf die sich die Warnungen immer besonders richteten. Das seien die Russische Föderation, China, Iran und die Türkei. Es werde versucht, durch verschiedene Instrumente illegitimen Einfluss auf Entscheidungen und die Medienarbeit in fremden Staaten zu nehmen. Eine zentrale Rolle spiele dabei Desinformation und es sei oft extrem schwer, zurückzuverfolgen, worauf die Desinformation beruhe. Man könne nur immer wieder versuchen, auf die Gefahren hinzuweisen und zu sensibilisieren.
Der Antisemitismus sei in verschiedenen Phänomenbereichen verankert. Der Angriff der HAMAS auf Israel am 7. Oktober 2023 habe die Sicherheitslage an der Stelle auch in Deutschland deutlich beeinflusst. In Mecklenburg-Vorpommern habe es im Vergleich zu den Demonstrationszahlen im Bund ein deutlich geringeres antiisraelisches Demonstrationsgeschehen gegeben. Insgesamt sei ein Anstieg der antisemitisch motivierten Kriminalität zu verzeichnen. Im Jahr 2022 habe es in Mecklenburg-Vorpommern knapp 80 Sachverhalte gegeben, die antisemitisch eingeordnet worden seien, im Jahr 2023 seien es 115 Sachverhalte gewesen. Ab Oktober 2023 habe es diesbezüglich eine extreme Dichte gegeben.