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EU-Landwirtschafts- und Meerespolitik, Rechtsstaatlichkeit, Wettbewerbsfähigkeit und EU-Erweiterung: Tilo Gundlack, MdL bei der 165. Plenartagung des Europäischen Ausschusses der Regionen

  • Abstimmung des AdR (Foto: EU Christophe Licoppe)
  • AdR-Plenum im EP (Foto: Landtag MV)
  • EU-Kohäsionskommissar Raffaele Fitto (Foto: Landtag MV)
  • EU-Erweiterungskommissarin Marta Kos (Foto: Landtag MV)

Vom 2.-3. April 2025 vertrat der Landtagsabgeordnete Tilo Gundlack die Interessen Mecklenburg-Vorpommerns während der 165. Plenartagung des Europäischen Ausschusses der Regionen (AdR) in Brüssel. Die AdR-Mitglieder verabschiedeten insgesamt fünf Stellungnahmeentwürfe und drei Entschließungen. Im Fokus standen dabei die EU-Landwirtschaft und der geplante EU-Meerespakt, die Rechtsstaatlichkeit, die EU-Erweiterung, die politische Situation in der Türkei, die Automobilindustrie und das Thema Wettbewerbsfähigkeit der Union. EU-Erweiterungskommissarin Marta Kos debattierte mit den AdR-Mitgliedern über Fortschritte und bestehende Defizite in den EU-Beitrittskandidatenländern.

Zur Neuausrichtung der Kohäsionspolitik: Widerstand gegen jeden Versuch, die Kohäsionspolitik zu zentralisieren

EU-Kommissar Fitto sprach mit den AdR-Mitgliedern über die Neuausrichtung der Kohäsionspolitik, die die Disparitäten in der EU verringern und eine ausgewogene Entwicklung ermöglichen soll. Neue Wettbewerbs-, Verteidigungs- und Sicherheitsherausforderungen seien gegeben, betonte der EU-Kommissar.

Am Dienstag, den 1. April 2025 wurde das Mid-Term Review-Paket (Spezifische Maßnahmen zur Bewältigung strategischer Herausforderungen im Kontext der Überprüfung des Mehrjährigen Finanzrahmens, MFR) von der EU-Kommission angenommen, das die Verordnungen des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE), des Kohäsionsfonds und des Fonds für einen Gerechten Übergang (JTF) abändert und fünf neue Prioritäten  - Wettbewerb, Verteidigung, Wohnraum, Wasserresilienz, energetischer Wandel - ausweist. Die EU-Mitgliedstaaten und Regionen können innerhalb von zwei Monaten nach Inkrafttreten der überarbeiteten Gesetzgebung Programmänderungsvorschläge unterbreiten. Die EU-Kommission setzt finanzielle Anreize für Investitionen in den vorgenannten Prioritäten.

Eine umfassende Strategie für mehr regionale Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Landwirtschaft unter Berücksichtigung der Aspekte fairer Handel und Pflanzenschutz

Die Stellungnahme des AdR unterstrich, dass die effiziente Nutzung landwirtschaftlicher Betriebsmittel, einschließlich Düngemitteln und Pflanzenschutzmitteln, gefördert werden müsse, um die Produktivität zu steigern, die Umweltauswirkungen zu verringern, die biologische Vielfalt zu fördern und die Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Sie begrüßte zudem die politischen Leitlinien für die neu zusammengesetzte Europäische Kommission (2024-2029), in denen betont wird, dass die Wasserversorgungssicherheit in Europa gestärkt und zügig eine neue europäische Strategie für die Resilienz der Wasserversorgung vorgelegt werden müsse.

Mit Blick auf Handelsabkommen und unlauteren Wettbewerb forderte die Stellungnahme eine Stärkung der Schutzinstrumente. Folgenabschätzungen sollten verbindlich konkrete Informationen über die Auswirkungen der vorgeschlagenen Abkommen auf die landwirtschaftlichen Erzeuger, die Umwelt, die Gesundheit, die Arbeitsbedingungen, das Tierwohl, die Unternehmen in der Lieferkette und die Verbraucher sowohl in der EU als auch in den Partnerländern enthalten. Die Stellungnahme wies außerdem darauf hin, dass gesunde Böden, sauberes Wasser und funktionierende Ökosysteme entscheidende Faktoren für die langfristige Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft seien. Die Klimakrise, der Verlust an biologischer Vielfalt und die Schädigung der Ökosysteme bedrohten die Lebensgrundlagen der Landwirte und den Agrarsektor insgesamt und schmälerten die Produktivität und Resilienz. Der AdR trat des Weiteren für die Wiederherstellung natürlicher Wasserkreisläufe und Ökosysteme ein, um die Wasserrückhaltung, die Bodengesundheit und die Widerstandsfähigkeit der biologischen Vielfalt zu fördern. Er bekräftigte auch, dass neue genomische Verfahren unter strikter Einhaltung des Vorsorgeprinzips reguliert werden und Spiegelklauseln zwingend angewandt werden müssten. Gleichzeitig unterstrich er, dass die EU die Verantwortung habe, dass ihre Agrarpolitik und ihre Handelsabkommen die Märkte in Drittländern, insbesondere im Globalen Süden, nicht untergraben.

Auch betonte der AdR, dass die Entwicklung der Landkonzentration, des Zugangs zu Land und der Aufgabe von Flächen in weniger produktiven Gebieten, die zum Rückgang der Zahl kleiner und mittlerer landwirtschaftlicher Betriebe und zum Verlust an biologischer Vielfalt beitragen, aufmerksam verfolgt werden müssten. Er forderte zudem faire Arbeitsbedingungen für die europäischen Landwirte und eine Unterstützung zur Sicherstellung des Generationswechsels.

Umsetzung der Rechtsstaatlichkeit in der EU

Trotz bestehender Schutzmechanismen in der EU existierten weiterhin Bedrohungen für die Rechtsstaatlichkeit wie die Gefährdung der Unabhängigkeit der Justiz und die Einschränkung der Medienfreiheit. Der AdR forderte daher in seiner Stellungnahme, dass die Gemeinden und Regionen stärker in die Überwachung der Rechtsstaatlichkeit und in die Gestaltung von EU-Politiken einbezogen werden. Die EU-Mittel sollten als Hebel genutzt werden, um die Rechtsstaatlichkeit zu stärken und Fehlentwicklungen zu verhindern. Eine enge Zusammenarbeit zwischen EU-Institutionen und den Gemeinden und Regionen wurde zudem als notwendig erachtet, um die Grundwerte der EU auf lokaler und regionaler Ebene zu wahren.

Der AdR unterstrich, dass die Rechtsstaatlichkeit das Fundament der EU bilde und die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften eine Schlüsselrolle beim Schutz und der Förderung dieses Prinzips spielten. Daneben machte er Vorschläge für lokale Dialoge zur Rechtsstaatlichkeit, verstärkte politische Bildung und die Nutzung digitaler Technologien zur Förderung von Transparenz und Partizipation. Außerdem rief er zu einer konsistenten, strengen Anwendung des Gesetzes über digitale Dienste, u.a. betreffend Desinformationskampagnen auf Online-Plattformen, auf.

Analyse der Situation in den Kandidatenländern zur EU-Erweiterung

Die Mitglieder des AdR brachten in ihrer Stellungnahme zur EU-Erweiterung, in der sie die Situation der Westbalkanländer sowie der Türkei, Ukraine, Moldaus und Georgiens erörterten, zum Ausdruck, dass der Erweiterungsprozess trotz ernster Herausforderungen in den Jahren 2023 und 2024 neue Impulse erhalten habe, jedoch weiterhin von den Fortschritten einiger Kandidatenländer abhänge, die Reformen in allen Bereichen des EU-Rechts umsetzen müssten.

Albanien beispielsweise habe laut EU-Kommission auf dem Weg zum EU-Beitritt in den letzten Jahren einige Fortschritte erzielt, jedoch bestünden nach wie vor zahlreiche Herausforderungen auf dem Weg zur vollständigen Integration in die EU. Im Bereich der öffentlichen Verwaltung seien nur marginale Fortschritte erzielt worden, und es bestehe ein signifikanter Bedarf an Reformen, insbesondere im Hinblick auf eine transparente und effiziente Rekrutierung im öffentlichen Dienst. Die Wahlgesetzgebung funktioniere, jedoch seien internationale Empfehlungen nur begrenzt umgesetzt worden. Korruption bleibe trotz Fortschritten in ihrer Bekämpfung ein signifikantes Problem, insbesondere in den Bereichen Polizei, Zoll und öffentliche Beschaffung. Hinsichtlich des Grundrechteschutzes sei ein entsprechender rechtlicher Rahmen vorhanden, dessen Umsetzung jedoch verstärkt werden müsse, insbesondere zum Schutz von Frauen, Minderheiten und Kriminalitätsopfern. In Bezug auf die Meinungsfreiheit existierten weiterhin Probleme, da die Medienfreiheit durch Marktmonopole und politische Einflussnahme eingeschränkt werde. Die Wettbewerbsfähigkeit müsse unter anderem durch Verbesserungen in den Bereichen Bildung, Verringerung der Jugendarbeitslosigkeit und Digitalisierung gestärkt werden.

In Georgien habe sich eine rasche und dramatische Schwächung der Demokratie vollzogen, die sich nach den Parlamentswahlen 2024 und der Entscheidung, den EU-Beitrittspfad zu unterbrechen, noch weiter verschärfte. Die exzessive Machtkonzentration im Land zulasten der politischen Vielfalt wirke sich bis hinein in die lokale Politik aus und beinhalte auch die Unterdrückung Andersdenkender und (ausländischer) Nichtregierungsorganisationen. Neben der Gewaltenteilung seien die Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit eingeschränkt. Friedliche Proteste würden brutal unterbunden und zudem Druck auf Wahlberechtigte, Journalistinnen, öffentliche Bedienstete und queere Personen ausgeübt. Auch Gewalt gegen gewählte Lokalvertreter/-innen sei zu verzeichnen.

Die Stellungnahme des AdR forderte die politische Führung Georgiens sowie die georgische Polizei auf, jede Form eines brutalen Vorgehens der Polizei einzustellen.

Der AdR rief Bosnien und Herzegowina dazu auf, die Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Verfassungsgerichts von Bosnien und Herzegowina umzusetzen. Die öffentlichen Stellen sollten zudem das Wahlgesetz dahingehend ändern, dass die drei konstituierenden Völker in den staatlichen Organen legitim vertreten sind und alle Bürger in sämtliche Organe gewählt werden können. Die Schritte der Führung der Republika Srpska zur Abspaltung dieser Entität vom Staat Bosnien und Herzegowina wurden verurteilt.Bosnien und Herzegowina könne nur als Gesamtstaat seiner drei konstituierenden Völker und anderen Bewohner existieren und funktionieren, ohne ein Abspaltungsrecht für die Entitäten und ohne eine Vereinheitlichung des Landes.

Politische Situation in der Türkei

In einer gesonderten Entschließung verurteilte der AdR die Festnahmen und Inhaftierungen von lokalen Oppositionsführern, einschließlich des Istanbuler Bürgermeisters Ekrem İmamoğlu.

Dringlichkeitsentschließung zum EU-Wettbewerbskompass

Die neue EU-Kommission hat am 29. Januar 2025 den „Kompass für Wettbewerbsfähigkeit“ COM(2025) 30 als strategischen Rahmen für die kommenden fünf Jahre vorgestellt. Mit dem Wettbewerbskompass sollen Regelungen vereinfacht, private und öffentliche Investitionen in Schlüsseltechnologiebereichen zusammengebracht und Innovationen befördert werden, um die Abhängigkeit vom Ausland zu reduzieren. Eine grüne Wirtschaft sei ihm zufolge ein starker Wettbewerbsmotor.

Die EU-Kommission beabsichtigt, bis Ende 2026 bis zu 47 legislative und nicht-legislative Vorschläge zu unterbreiten. Am 25. Februar 2025 veröffentlichte sie ihr erstes Omnibus-Paket, das fünf Legislativvorschläge enthält. Darunter zur Nachhaltigkeitsberichterstattung und Sorgfaltspflicht von Unternehmen, zur EU-Taxonomie, zum Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) und zur Änderung der InvestEU-Verordnung.

Der AdR brachte in seiner Stellungnahme unter anderem zum Ausdruck, dass im Zuge der breiteren Debatte über die Finanzierung des langfristigen EU-Haushalts für den Zeitraum nach 2027 auch die Ausgabe weiterer europäischer Schuldtitel zur Finanzierung gemeinsamer Investitionsprojekte erörtert werden sollte. Des Weiteren begrüßte er das vorgeschlagene Koordinierungsinstrument für Wettbewerbsfähigkeit und betonte, dass die Wettbewerbsfähigkeit Europas nur dann strapazierfähig und nachhaltig sein könne, wenn sie auf einem starken europäischen Sozialmodell fuße, das auf sozialem Zusammenhalt, Abbau von Ungleichheiten und gerechter Besteuerung beruhe.

Gefahr für den europäischen Automobilsektor: Dringlichkeitsentschließung zum EU-Aktionsplan

Die Mitglieder des AdR debattierten im Vorfeld der Annahme einer Dringlichkeitsentschließung zum europäischen Automobilsektor auch mit dem Vorsitzenden der Allianz der Automobilregionen, Guido Guidesi über den drohenden Verlust von mindestens 55.000 Arbeitsplätzen im Zusammenhang mit der Konkurrenz aus China, den US-Zöllen und der kostenintensiven Energieversorgung in Europa.

Umweltziele, Wettbewerbsfähigkeit und militärische und zivile Vorsorge: Ein neuer EU-Pakt für die Meere

Der AdR betonte in seiner Stellungnahme bezüglich eines neuen EU-Pakts für die Meere neben der Bedeutung von Letzteren als sicherheitsrelevante, geografische Zugangstore zur EU, dass die Erreichung eines „guten Umweltzustands“ im Rahmen der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie anzustreben sei. Tilo Gundlack, MdL meint dazu: „Ein guter Zustand der Meeresumwelt stützt die wirtschaftliche Stabilität und die Ernährungssouveränität. Ich unterstütze dementsprechend die Forderung der AdR-Stellungnahme, für eine angemessene finanzielle Ausstattung für Forschung und Umweltmaßnahmen sowie für die maritime Wirtschaft Sorge zu tragen.“

Zudem wies der AdR darauf hin, dass im nächsten mehrjährigen EU-Finanzrahmen geeignete Finanzierungsinstrumente vorgesehen werden müssten, die an die unterschiedlichen sozioökonomischen Strukturen vor Ort angepasst sind. Dies erfordere die Entwicklung eines ganzheitlichen Multi-Level-Governance-Ansatzes für die Verwaltung dieser Instrumente, an der nationale Behörden sowie regionale und lokale Gebietskörperschaften beteiligt werden müssten.

Auch müsse eine aktive Beteiligung von Küstengemeinden, der handwerklichen Fischerei und anderen Interessenträgern an Entscheidungsprozessen im Zusammenhang mit dem Meer sichergestellt werden. Daneben müsse die Anfälligkeit der Menschen und dieser Fischereigemeinschaften für die Auswirkungen der Meereszerstörung und natürlicher Gefahren sowie der anthropogenen Umweltzerstörung verringert werden. Er forderte außerdem ein Verbot zerstörerischer Fischereimethoden, wie z. B. der Grundschleppnetzfischerei, in allen geschützten Meeresgebieten. Der AdR verwies auch auf die Auswirkungen der Agrarpolitik auf die Gesundheit der Meeresökosysteme sowie auf die Probleme, die durch Nährstoffeinträge und Eutrophierung sowohl für die Erreichung der Umweltziele der EU als auch für den Fischereisektor entstehen. Der AdR regte zudem an, unausgewogenen Tourismus, Luftverschmutzung durch Schiffe, illegale Fischerei, die Ausbreitung invasiver Arten und ein globales Anti-Plastikabkommen anzugehen.

Ferner trat er dafür ein, dass das Konsumverhalten in der EU in einer Weise angeregt wird, die die lokale Produktion befördert und die Importabhängigkeit verringert. Zur Schaffung einer dem Kommissar für Fischerei und Meere unterstellten Projektgruppe für die Umsetzung des Pakts für die Meere rief er ebenso auf wie zu grenzüberschreitenden Ausschreibungen für Offshore-Energie. Des Weiteren forderte er eine umweltverträgliche Aquakultur und im Offshore-Windenergiebereich die Einführung verbindlicher, nicht preisbezogener Kriterien in Bezug auf die biologische Vielfalt, soziale Aspekte und die Kreislaufwirtschaft. Projekte sollten mit einschlägigen Programmen zur Wiederherstellung der biologischen Vielfalt verknüpft werden. Außerdem wies der AdR darauf hin, dass das EU-Ziel, eine Fläche geschützter Meeresgebiete von 30 % zu erreichen, von denen 10 % pro Region unter strengem Schutz gestellt werden sollen, bei weitem nicht erreicht werde. Er stellte fest, dass maritime Aktivitäten in über 80 % der geschützten Meeresgebiete in der EU nur minimal reguliert werden.

Die Plenartagung kann online nachverfolgt werden, untergliedert nach Tag 1 und Tag 2.

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