Zur Hauptnavigation springen Zum Inhalt springen

Expertenanhörung und Redaktionskonferenz des Parlamentsforums Südliche Ostsee

  • Delegation des Landtages v.l.n.r.: Beatrix Hegenkötter, Beate Schlupp, Sandy van Baal, Marcel Falk, Jens-Holger Schneider, Christian Albrecht, Jana Michael, Anne Shepley (Foto: Landtag M-V)
  • Expertenanhörung PSO im Plenarsaal des Landtages SH, Delegation des Landtages MV in der Mitte links (Foto: Landtag M-V)
  • PSO Redaktionskonferenz v.l.n.r.: Beatrix Hegenkötter, Beate Schlupp (Foto: Landtag M-V)
  • Expertenanhörung und Redaktionskonferenz, 04.-05. Mai, Kiel, Landtag SH (Foto: Landtag M-V)

Am 4.–5. Mai 2023 nahm die Delegation des Landtages Mecklenburg-Vorpommern an der internationalen Expertenanhörung und der Redaktionskonferenz im Rahmen des Parlamentsforums Südliche Ostsee (PSO) in Kiel teil. Knapp fünfzig Abgeordnete und Sachverständige von den Regionalparlamenten Ermland-Masuren, Pommern, Westpommern, Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern kamen zusammen, um die diesjährige 19. Jahreskonferenz unter dem Thema „Sozialen Zusammenhalt stärken: Migration und Integration“ vorzubereiten. Die Delegation des Landtages war durch die Erste Vizepräsidentin Beate Schlupp sowie die Abgeordneten Marcel Falk, Beatrix Hegenkötter, Jens-Holger Schneider, Christian Albrecht, Anne Shepley und Sandy van Baal vertreten. Ziel der beiden Sitzungen war, durch Fachvorträge Einblicke in die Erfahrungen der jeweiligen Länder zu bekommen und anschließend einen Resolutionsentwurf für die Jahreskonferenz im September in Hamburg auszuarbeiten.

Für den Landtag Mecklenburg-Vorpommern sprachen die Vizepräsidentin Beate Schlupp und die Integrationsbeauftragte der Landesregierung Jana Michael.

In Ihrer Begrüßung ordnete die Präsidentin des gastgebenden Landtages Schleswig-Holstein Kristina Herbst das Thema ein und verwies darauf, dass der Krieg Russlands gegen die Ukraine Migrationsbewegungen in Gange gesetzt habe, die zusammen mit aktuellen Fluchtströmungen die Länder und Kommunen vor große Herausforderungen stellen würden. Die Expertenanhörung und die Redaktionskonferenz würden einem wichtigen und fruchtbaren Wissens- und Erfahrungsaustausch der Partnerparlamente im Vorfeld der Jahreskonferenz dienen.

Migration und Integration: Erfahrungen aus den Regionen

Eingangs referierte Prof. Katarzyna Maciejewska-Mieszkowska von der Universität Ermland-Masuren über die Entwicklung gesellschaftlicher Wahrnehmungen gegenüber Geflüchteten aus der Ukraine in Polen. Obwohl die Haltung der polnischen Gesellschaft in Bezug auf Geflüchtete um 2015 überwiegend negativ gewesen sei, hätten sich laut Umfragen 94 Prozent der Befragten für eine Öffnung der Gesellschaft für Kriegsgeflüchtete aus der Ukraine in den ersten Monaten 2022 ausgesprochen. Seit Sommer 2022 bleibe die Akzeptanz konstant hoch und liege bei ca. 80 Prozent. Zudem hätten ca. 70 Prozent der polnischen Haushalte in der ersten Jahreshälfte 2022 aktiv Unterstützung für ukrainische Menschen geleistet. Die Formen der Unterstützung hätten sich seitdem geändert, die Bereitschaft zu helfen sei jedoch stabil geblieben. Zur hohen Akzeptanz und Hilfsbereitschaft in der Gesellschaft hätten der offene und unterstützende staatliche und mediale Diskurs sowie die kulturelle und historische Nähe zwischen Polen und der Ukraine beigetragen.

Die Leiterin der Delegation der Hamburgischen Bürgerschaft Astrid Hennies stellte das Konzept und die Ziele des Hamburg Welcome Center vor. Migration sei eine Herausforderung, jedoch auch eine Chance für den Arbeitsmarkt. Das Hamburg Welcome Center ziele darauf ab, das Fachkräftepotential von Zugewanderten und Geflüchteten zu aktivieren und als zentrale Anlaufstelle rund um Anliegen der beruflichen Integration zu agieren. Die Angebote für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber würden Beratung und Begleitung zu Fragen von Fachkräften und Vermittlung, Beratung zu interkulturellen Themen, Informationen über berufsbezogene Deutschsprachförderung, ausländerrechtliche Beratung sowie Unterstützung von KMU bei der Einstellung von Fachkräften aus dem Ausland umfassen. Zugewanderten und Zuwandernden biete das Hamburg Welcome Center Informationen und Beratung über Berufsorientierung, Qualifikationsanerkennung, Arbeitsvermittlung, Aufenthaltsrecht, würdige Arbeitsbedingungen und Sprachkurse an. Ermöglicht werde dies durch eine enge Kooperation zwischen Innen- und Sozialbehörden. Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz 2020 sowie das 2022 in Kraft getretene Chancen-Aufenthaltsrecht seien in dieser Hinsicht ausschlaggebend gewesen.

Marta Zalewska, Leiterin des Referates für Migrationspolitik und soziale Integration im Marschallamt der Woiwodschaft Pommern, informierte die Teilnehmenden über einschlägige Angebote, Initiativen und Projekte für Geflüchtete aus der Ukraine in Pommern. In den ersten Monaten des Krieges ständen Angebote zur medizinischen Versorgung, Transportangebote sowie Hilfe für verwunderte Soldaten im Fokus. Obwohl es viele zivilgesellschaftliche Initiativen gegeben habe, sei die Zusammenarbeit zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren zentral gewesen. Die Woiwodschaft arbeite aktiv mit internationalen Organisationen wie UNHCR, Danish Refugee Council und ICMPD zusammen, um Geflüchteten aus der Ukraine Unterstützung zu leisten. Zudem könne auf lokaler Ebene auf internationale Initiativen zugegriffen werden. So werde aktuell ein Projekt „EU-Belong“, kofinanziert aus Mitteln des Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF) der EU, zur Förderung von sozioökonomischer Eingliederung und Stärkung des Zugehörigkeitsgefühls unter Zugewanderten durchgeführt. Ein weiteres AMIF-Projekt ziele auf die Entwicklung von online Angeboten für Spracherwerb ab. 

Vonseiten des Landtages Mecklenburg-Vorpommern führte die Vizepräsidentin und Delegationsleiterin Beate Schlupp zunächst die Aktualität des Themas und den damit verbundenen politischen Diskurs im Lande aus. Wie politisch umstritten das Thema sei, hätten die zweistündigen Debatten in der Plenarsitzung des Landtages am 23. März 2023 gezeigt, während der fünf themenbezogene Anträge von fünf Landtagsfraktionen beraten worden seien.

Im Anschluss präsentierte die Integrationsbeauftragte der Landesregierung MV Jana Michael ein Lagebild aus Mecklenburg-Vorpommern. Laut Zahlen aus dem April 2023 seien insgesamt mehr als 23.000 Geflüchtete aus der Ukraine im Land aufgenommen worden. Auch wenn diese Zahl vergleichsweise niedrig erscheine, so sei die Aufnahme von Geflüchteten für das Land mit einer Bevölkerungszahl von 1,6 Millionen herausfordernd gewesen. Frau Michael sprach in diesem Zusammenhang über aktuelle Integrationsinitiativen in Mecklenburg-Vorpommern. So werde ein Landesprogramm „Demokratie und Toleranz gemeinsam stärken!“ fortgeschrieben, um Weltoffenheit sowie Prävention von Extremismus, Rassismus, Antisemitismus und Gewalt zu fördern. Zudem werde an einem Integrations- und Teilhabegesetz gearbeitet. Die berufliche Integration von zugewanderten und geflüchteten Frauen sei eine weitere Priorität. Ferner sprach Frau Michael über die Stärkung und Professionalisierung des Ehrenamtes. In diesem Bereich werde ab 2023 ein Integrationspreis eingeführt; darüber hinaus würden Handreichungen für Ehrenamt sowie eine Studie über Rechtsextremismus im Ehrenamt vorbereitet. Mit Blick auf die wachsenden rechtsextremen und rassistischen Haltungen – auch in der Arbeit mit Geflüchteten – seien Konfliktberatungen für Kommunen und präventive Angebote sehr wichtig.

Dr. Shivan Fate, Stellvertretender Direktor des Regionalzentrums für Sozialpolitik, Westpommern sprach über Probleme und Herausforderungen der organisatorischen und rechtlichen Unterstützung von Migrationsprozessen. Zunächst wies er auf die rechtlichen Unterschiede im Bereich der Flucht und Migration hin. Ferner führte er aus, dass die Bevölkerungszahl in Westpommern rückgängig sei; zudem schrumpfe die arbeitende Bevölkerung und der Anteil der Arbeitslosen im arbeitsfähigen Alter nehme ab. Laut einer Befragung kämen Zugewanderte nach Polen aus Gründen des Krieges, des Verlusts von Wohnungen und Arbeit sowie aufgrund der schlechten politischen und wirtschaftlichen Situation. Zugewanderte werden mit Diskriminierung, Fremdfeindlichkeit, Ausbeutung und Wohnmangel konfrontiert. Es gebe daher große Herausforderungen bei der Unterkunfts- und Arbeitssuche. Es werde aktuell ein Projekt geplant, das auf die Vorbereitung des Personals in der Integrationsarbeit abziele. Integration sei keine Einbahnstraße: Sowohl Zugewanderte, als auch die Gesellschaft müssten sich gegenseitig öffnen.

Vonseiten des Landtages Schleswig-Holstein referierte der geschäftsführende Vorstand, Paritätischer Wohlfahrtsverband Schleswig-Holstein e.V., Michael Saitner über die psychosoziale Versorgung Geflüchteter als Voraussetzung für Integration und Arbeitsmarktintegration. Das Land Schleswig-Holstein habe in den letzten Monaten so viele Schutzsuchende aufgenommen wie lange nicht mehr. Ungefähr 41.000 Menschen seien im Land registriert worden. Damit verbunden seien viele Probleme, Herr Saitner ging jedoch auf das spezifische Thema der psychosozialen und psychologischen Beratung ein. Die psychologische Unterstützung von traumatisierten Menschen sei eine herausfordernde Aufgabe, die Risiken der Retraumatisierung in sich berge. Der paritätische Wohlfahrtsverband SH setze sich dafür ein, dass psychologische und psychosoziale Angebote so früh wie möglich stattfinden würden. Zudem seien gute und professionelle Übersetzungen sehr wichtig. Es brauche einheitliche Regelungen für Psychotherapie; der Fachkräftemangel stelle ein weiteres Problem dar. Herr Saitner warb dafür, dass die deutsche und schleswig-holsteinische Integrationspolitik langfristig statt projektbezogen gestaltet werde. Zudem sei die Zusammenarbeit zwischen Staat und Wohlfahrt notwendig, denn Integration sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.

Abschließend gab die Präsidentin der Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg Carola Veit einen Ausblick auf die 19. Jahreskonferenz des Parlamentsforums am 17.–19. September in Hamburg. Die Expertenvorträge und der stattgefundene persönliche Austausch hätten bereits eine gute Grundlage für die Redaktionskonferenz und den Resolutionsentwurf geschaffen.

Auf dem Weg zu einem gemeinsamen Ansatz: Die Redaktionskonferenz des Parlamentsforums

Am zweiten Sitzungstag fand die Redaktionskonferenz zur Vorbereitung des themenbezogenen Resolutionsentwurfs statt. Die Resolution mit gemeinsamen Forderungen der Partnerparlamente soll auf der Jahreskonferenz im September beschlossen werden. Für den Landtag Mecklenburg-Vorpommern nahmen Beatrix Hegenkötter und Beate Schlupp als Delegationsleiterin an der Sitzung teil. In einer vierstündigen Diskussionsrunde wurden mehrere Aspekte mit Bezug auf das Thema „Migration und Integration“ adressiert. Die Arbeit an dem gemeinsamen Entwurf soll in den nächsten fünf Monaten mit Blick auf aktuelle Entwicklungen und die sich schnell ändernde Situation fortgesetzt werden.

Darüber hinaus wurde ein Vorschlag der Delegation des Sejmik der Woiwodschaft Ermland-Masuren über den Ausschluss der Kaliningrader Gebietsduma vom Parlamentsforum besprochen. In Reaktion auf den Angriff Russlands auf die Ukraine wurde die Kaliningrader Gebietsduma im Jahr 2022 zunächst von allen Aktivitäten im Rahmen des Parlamentsforums Südliche Ostsee suspendiert.

War der Artikel hilfreich?
Nein

Teilen Sie uns Ihr Feedback mit

Ihr Kommentar ist anonym und wird nicht auf der Seite veröffentlicht. Es dient nur der internen Auswertung.

200 Zeichen
Teilen