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Gedenkveranstaltung für die Opfer des Nationalsozialismus am 23. Januar 2024

  • Vorsitzender des Zentralrates Deutscher Sinti und Roma Romani Oskar Rose © Uwe Sinnecker
  • Landtagspräsidentin Birgit Hesse © Uwe Sinnecker
  • © Uwe Sinnecker
  • © Uwe Sinnecker

Eine Schweigeminute. Grausame Erinnerungen an die Gräueltaten des NS-Regimes. Und der Aufruf zur Bewahrung der Demokratie. Die Gedenkveranstaltung für die Opfer das Nationalsozialismus im Landtag Mecklenburg-Vorpommern am 23. Januar 2024 bewegte Landtagspräsidentin Birgit Hesse, Abgeordnete und geladene Gäste tief. Der Gastredner Romani Oskar Rose, Vorsitzender des Zentralrates Deutscher Sinti und Roma, erzählte von Schicksalen der Sinti und Roma in Mecklenburg-Vorpommern. Er griff dabei auch die Geschichte seiner eigenen Familie auf. 

Sie durften keine Züge fahren. Sie wurden im Krankenhaus abgewiesen. Ihre Kinder wurden der Schule verwiesen und von Spielplätzen verjagt. Nach dem Erlass der „Nürnberger Gesetze” am 15. September 1935 wurden Sinti und Roma systematisch aus dem Alltag verdrängt. Darunter auch Angehörige von Romani Oskar Rose. Der Überlebende und heutige Vorsitzende des Zentralrates Deutscher Sinti und Roma erzählte am Dienstag, 23. Januar, im Plenarsaal des Schweriner Schlosses vom Holocaust an Sinti und Roma. 

„Die Geschichte darf nicht verblassen”, sagte Landtagspräsidentin Birgit Hesse. In ihrer Rede im Plenarsaal zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus erinnerte sie an das Leid der Opfer, die ausgegrenzt, entrechtet, verfolgt, gequält und ermordet wurden und rief die Menschen im Land dazu auf, niemals zu vergessen, „wie mit der Demokratie die Menschlichkeit aus Deutschland verschwand und so unendlich furchtbare Verbrechen geschahen“. Das Wachhalten der Erinnerung an diese unvorstellbaren Verbrechen sei Pflicht und Erbe, welches mit Entschlossenheit von Generation zu Generation weitergetragen werden müsse. 

In der „Todesfabrik”, wie das KZ Auschwitz genannt wird, wurden auch Familienmitglieder von Romani Oskar Rose ermordet. Darunter seine eineinhalbjährige Cousine. „Sinti und Roma wurden als Arbeitssklaven und für klinische Versuche eingesetzt. Sie waren im Zigeunerlager untergebracht, unter ihnen auch Soldaten, die an der Front gekämpft hatten”, sagt der 78-Jährige. Grundlage der Deportation seien 24.000 Rassegutachten aus der rassenhygienischen Forschungsstelle gewesen. Sie leiteten die Totalität der Rassenreinheit ein. 

Auch in Mecklenburg-Vorpommern waren Sinti und Roma unterdrückt und verfolgt worden, etwa in Neustadt-Glewe, Rostock, Anklam, Stettin, Stralsund, Teterow und Weitin. Das belegen historische Forschungen von Natalie Jeske. Am 8. März 1943 erfolgte eine zentrale Verhaftungsaktion in Mecklenburg. Mehr als 200 Sinti und Roma wurden festgenommen, in das Gefängnis in Neustrelitz verschleppt und vier Tage später nach Auschwitz deportiert. Mehr als die Hälfte waren Kinder. Viele starben auf dem Transport ins Konzentrationslager. Kurz vor Kriegsende wurden 4.300 Mütter und Kinder vergast. Auch außerhalb der Lager wurden tausende Sinti und Roma an hunderten Orten in Deutschland und Polen ermordet. 

Bis heute kämpft der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma gegen das Stigma der Fremdartigkeit. „Wir leben seit mehr als 600 Jahren in Deutschland. Das ist auch unser Land”, sagt Romani Oskar Rose. Dem stimmt Landtagspräsidentin Birgit Hesse zu: „Der Holocaust hat tiefe Wunden in unserer Welt hinterlassen, die bis in die Gegenwart reichen. Der Holocaust ist und bleibt die schrecklichste Antithese zu Demokratie und Humanität und nimmt alle Demokraten in die Pflicht – heute vielleicht drängender denn je. Wir dürfen niemals vergessen und niemals nachlassen in unserem Einsatz für ein funktionierendes Miteinander, für mehr Respekt und Menschlichkeit.“

Zahlreiche Landtagsabgeordnete und geladene Gäste waren zur Veranstaltung des Landtages gekommen. Unter den Anwesenden befanden sich auch Schülerinnen und Schüler aus vier Schweriner Schulen. Studierenden der Hochschule für Musik und Theater Rostock spielten Stücke von Hans Gál und Paul Hindeminth. Die Werke der Komponisten galten während der Zeit des NS-Regimes als „verfemte Musik“. 

Hintergrund: Seit 1996 erinnert Deutschland am 27. Januar an die Opfer des Nationalsozialismus. Der damalige Bundespräsident Roman Herzog hatte den Gedenktag angeregt. Am 27. Januar 1945 hatte die Rote Armee das deutsche Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz befreit. 

Sehen Sie hier die Aufzeichnung der Veranstaltung.
Lesen Sie mehr zum Gedenktag für die Opfer der Nationalsozialismus.

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