Am 31. Januar 2023 wird der Landtagsabgeordnete Tilo Gundlack sich in Brüssel in die Arbeit der Fachkommission für Natürliche Ressourcen (NAT) des Europäischen Ausschusses der Regionen (AdR) einbringen. Die NAT-Mitglieder werden unter anderem Stellungnahmeentwürfe zur Problematik der Kurzzeitvermietung von Unterkünften, zum Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und zur Digitalisierung im ländlichen Raum vorbereiten, welche auf der AdR-Plenartagung Mitte März verabschiedet werden sollen.
Des Weiteren stehen nachhaltige Lebensmittelsysteme und die Abwehr von Krisen auf der Ebene der Regionen und Städte der EU auf der Tagesordnung der Fachkommission.
Harmonisierung des Rechtsrahmens für den Datenaustausch zwischen Online-Plattformen und Behörden hinsichtlich der Kurzzeitvermietung von Unterkünften
Laut EU-Kommission nehmen Dienstleistungen im Bereich der kurzfristigen Vermietung von Unterkünften in der Tourismusbranche an Bedeutung zu und wirken sich auf die Verfügbarkeit von Wohnraum und auf die Höhe der Mieten aus. Online-Plattformen spielen hierbei eine große Rolle.
Zahlreiche und unterschiedliche Datenanforderungen der Behörden belasten laut der EU-Kommission insbesondere Plattformen, die grenzüberschreitend tätig sind. Dies erschwere ihre Fähigkeit, Dienstleistungen im Bereich der kurzfristigen Vermietung von Unterkünften auf dem EU-Binnenmarkt anzubieten.
Die Behörden hätten ihrerseits Schwierigkeiten, verlässliche Daten auf effiziente Weise zu erheben, was wiederum ihre Bemühungen behindere, angemessene und verhältnismäßige politische Antworten auf die steigende Zahl von kurzfristigen Vermietungen von Unterkünften zu erarbeiten.
Die EU-Kommission will mit ihrem „Verordnungsvorschlag über die Erhebung und den Austausch von Daten im Zusammenhang mit Dienstleistungen im Bereich der kurzfristigen Vermietung von Unterkünften“ unter anderem bei den Registrierungssystemen für Gastgeber ansetzen, einen sicheren Datenaustausch ermöglichen und dazu die Verordnung 2018/1724 ändern.
Der Stellungnahmentwurf des AdR begrüßt den Vorordnungsvorschlag grundsätzlich, sieht jedoch etwaige Eingriffe in die Zuständigkeiten der lokalen Gebietskörperschaften kritisch sowie den zu erwartenden Verwaltungsaufwand bei der Einrichtung der Registrierungssysteme und zentralen Anlaufstellen. Der Entwurf des AdR fordert einen „breiteren Ermessensspielraum bei der Festlegung geeigneter Vorschriften über Beherbergungsdienstleistungen“ und Optionen/Instrumente, „mit denen die Städte und Regionen die Lage vor Ort überwachen und politische Entscheidungen treffen können, die ihren spezifischen Bedürfnissen besser entsprechen“.
Nach dem Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum in Mecklenburg-Vorpommern (Zweckentfremdungsgesetz- ZwG M-V) vom 22. Mai 2021 (GVOBl. M-V S. 774) können Gemeinden für Gebiete, in denen die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnraum nur mit Genehmigung der Gemeinde anderen als Wohnzwecken zugeführt werden darf.
Nachhaltiges EU-Lebensmittelsystem
In einem Meinungsaustausch werden die Mitglieder der Fachkommission NAT auch über die zu behebenden Missstände in der EU-Agrarpolitik diskutieren, z.B. die mit Überproduktion verbundene Schädigung der Umwelt/Artenvielfalt sowie des Klimas, die Verzerrung des Wettbewerbs in Drittländern und die in die Höhe getriebenen EU-Futtermittelimporte.
Die NAT-Mitglieder werden unter anderem über in den Regionen und Gemeinden existierende Projekte im Bereich „nachhaltige Lebensmittel“ diskutieren sowie über die Möglichkeiten eines vermehrten heimischen Anbaus von Eiweißpflanzen und der Verringerung der Einfuhren von Sojabohnen.
Für eine Begrenzung des Pestizideinsatzes in der Landwirtschaft
Der AdR fordert in seinem Stellungnahmeentwurf zum Verordnungsvorschlag über die nachhaltige Verwendung von Pflanzenschutzmitteln (Änderung der Verordnung (EU) 2021/2115) verbindliche Ziele zur Verringerung des Einsatzes chemischer Pflanzenschutzmittel und deren Gefährlichkeit und fordert auch ein Verbot der Ausfuhr von in der EU unerlaubten Pflanzenschutzmitteln/Wirkstoffen.
Die geplante EU-Gesetzgebungsinitiative ergänzt den Vorschlag zu einem Rahmen für ein nachhaltiges Lebensmittelsystem.
Es waren laut EU-Kommission schwerwiegende Mängel bei der Umsetzung, Anwendung und Durchsetzung der Richtlinie über die nachhaltige Verwendung von Pestiziden festgestellt worden, die nunmehr ersetzt werden soll.
Im Vordergrund stehen dabei der Schutz der Konsumenten, der Arbeitnehmer, der Bestäuberinsekten und allgemein der Artenvielfalt, des Wassers sowie des Bodens.
Das Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am 19. Januar 2023 entschieden, dass den EU-Ländern keine befristeten Ausnahmen für verbotene, für Bienen schädliche Neonicotinoid-Pestizide mehr gewährt werden dürfen. Darüber hinaus betonte das Urteil „die Verpflichtung aller Mitgliedstaaten, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um eine Schädlingsbekämpfung mit geringem Pestizideinsatz zu fördern, wobei nicht-chemischen Methoden, wann immer möglich, Vorrang eingeräumt werden sollte.“ Die EU-Länder hatten in den letzten vier Jahren hingegen über 236 Ausnahmeregelungen für verbotene Pestizide gewährt. Fast die Hälfte davon entfiel auf Neonicotinoide.
Mit der neuen Verordnung sollen beispielsweise strengere und ausführlichere Aufzeichnungspflichten auferlegt und Untergrenzen für die nationalen Reduktionsziele festgelegt werden – die Vorschriften für nationale Aktionspläne verpflichten dazu derzeit nicht bzw. machen keine quantitativen Vorgaben, um vor negativen Auswirkungen des Pestizideinsatzes zu schützen. Außerdem gibt es noch kein wirksames Überwachungssystem.
Der Stellungnahmeentwurf des AdR fordert eine Überprüfung der derzeit zugelassenen Pestizide und eine Überprüfung des Betriebsgeheimnisses über die Zusammensetzung von Pestiziden. Außerdem setzt er sich dafür ein, dass Berater unabhängig von den Pflanzenschutzmittelherstellern agieren und dass die nationalen Aktionspläne von der EU-Kommission mit Hilfe einer Sachverständigengruppe aus Umweltwissenschaftlern und Zivilgesellschaft bewertet werden, um die Unvoreingenommenheit der Stellungnahmen zu gewährleisten. Ferner will der AdR eine stärkere Verringerung des Risikos (75% in Kulturlandschaften) von Pflanzenschutzmitteln erwirken und kritisiert den derzeitigen Ansatz des harmonisierten Risikoindikators des Verordnungsvorschlags. Außerdem tritt er für Sanktionen auf EU-Ebene ein (Aussetzung von Zahlungen der Säule 1 der GAP) und fordert die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit auf, ihrer Verfahren zur Gefährlichkeit von Pestiziden zu überprüfen.
Eine jüngere Europäische Bürgerinitiative fordert den schrittweisen Ausstieg aus der Pestizid-Anwendung.
Krisenvorsorge und –Bewältigung in den Regionen und Städten
In einem zweiten Meinungsaustausch debattieren die NAT-Mitglieder, inwieweit die Bewertung der Krisenanfälligkeit einzelner Gebiete in der EU und der EU-Bevölkerung im Sinne der Gewährleistung gleicher Reaktionskapazitäten der EU-Mitgliedstaaten notwendig ist.
Die Gemeinsame Forschungsstelle der EU-Kommission hat beispielsweise eine Karte der Katastrophenanfälligkeit in Europa entwickelt, die die Krisenanfälligkeit einzelner EU-Länder abbildet.
Die EU fördert laut Vertrag von Lissabon die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten zur Erhöhung der Wirksamkeit der Systeme des Katastrophenschutzes.
Im mehrjährigen Finanzrahmen 2021-2027 deckt die Solidaritäts- und Soforthilfereserve sowohl Naturkatastrophen als auch Pandemien ab, und das neue Notfallinstrument für den Binnenmarkt stärkt die Befugnisse der EU-Kommission im Krisenfall. Im vorherigen Programmplanungszeitraum, der 2020 geendet hat, wurden Milliardensummen aus Kohäsionsmitteln für die Verhütung von Bränden, Hochwasser und Schäden durch Extrem-Wetterereignisse eingesetzt.
Die NAT-Mitglieder werden unter anderem erörtern, ob ein umfassender strategischer Rahmen für die Krisenvorsorge und -Bewältigung geschaffen werden und das rescEU-Programm und die Einsatzmittel vor Ort ausgebaut werden sollten. Debattiert werden auch Fragen der Lebensmittelbevorratung, der Einführung von Stresstests und eines Leitfadens mit bewährten Verfahren zur Schulung von Mandats- und Entscheidungsträgern, z.B. bezüglich der frühzeitigen Unterrichtung der Bevölkerung und erster Hilfe.