Tilo Gundlack, MdL bei der 15. Sitzung der Fachkommission für natürliche Ressourcen des Europäischen Ausschusses der Regionen in Brüssel
Am 22. November 2022 beteiligte sich der Landtagsabgeordnete Tilo Gundlack als Vertreter Mecklenburg-Vorpommerns an der 15. Sitzung der Fachkommission für Natürliche Ressourcen (NAT) des Europäischen Ausschusses der Regionen (AdR) in Brüssel.
Neben der Umsetzung der Bioökonomie-Strategie auf regionaler Ebene, dem Kompetenzpakt im Agrar- und Lebensmittelsektor, der Verwendung von Pestiziden und dem Europäischen Raum für Gesundheitsdaten erörterten die Mitglieder der Fachkommission NAT regionale Strategien zur Umstellung auf eine Niedrigemissions-Landwirtschaft.
Meinungsaustausch zum Pestizideinsatz in der Landwirtschaft
Am 22. Juni 2022 schlug die Europäische Kommission vor, die bestehenden Rechtsvorschriften über die nachhaltige Verwendung von Pflanzenschutzmitteln zu überarbeiten und die Verordnung (EU) 2021/2115 zu ändern. Mit der neuen Verordnung verfolgt die Europäische Kommission bis 2030 zwei Hauptziele: Zum einen sollen Einsatz und Risiko chemischer Pflanzenschutzmittel insgesamt um 50 % (Ziel im Einklang mit Ziel 1 der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“: Überwachung des Verkaufs chemischer Wirkstoffe unter Berücksichtigung ihres Risikoprofils) verringert werden. Zum anderen wird angestrebt, die Verwendung der gefährlichsten Pflanzenschutzmittel um 50 % zu reduzieren (Ziel im Einklang mit Ziel 2 der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“: Überwachung des Verkaufs der in Artikel 3 Absatz 5 definierten gefährlichsten chemischen Wirkstoffe).
Aus Sicht des AdR sollte die EU-Kommission Ziele und Maßnahmen auch zur Kontrolle der Risikominderung einführen und die Toxizität berücksichtigen. Außerdem sollten Landwirte, die bereits freiwillige Maßnahmen ergriffen und Schutzzonen eingerichtet haben, nicht benachteiligt werden.
Regionale Strategien zur Umstellung auf eine Niedrigemissions-Landwirtschaft – Für eine zuverlässige, einträgliche Zertifizierung von Kohlenstoffsenken
Im Dezember 2021 veröffentlichte die EU-Kommission ihre Mitteilung über Kohlenstoffkreisläufe, die den ersten Schritt zur Umsetzung eines EU-Rahmens zur Zertifizierung des Kohlenstoffabbaus darstellt.
In dem Entwurf einer Stellungnahme zum Thema "Regionale Anpassungsstrategien für eine kohlenstoffarme Landwirtschaft" unterstreichen die Vertreter der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften Europas die entscheidende Rolle der Regionen und Städte bei der Umsetzung des "Green Deal" vor Ort und damit bei der Erreichung des Ziels der Kohlenstoffneutralität bis 2050.
Die Regionen sind in vielen Mitgliedstaaten direkt an der Entwicklung und Umsetzung der Strategiepläne zur Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) beteiligt und können dazu beitragen, nachhaltige Praktiken zu fördern, die die Treibhausgasemissionen in der Landwirtschaft reduzieren und Kohlenstoff zu binden.
In Anbetracht ihres Engagements vor Ort fordern die Lokal- und Regionalvertreter der EU in ihrer Stellungnahme eine umfassende Beteiligung an der Diskussion über die Einführung einer EU-Zertifizierung für die kohlenstoffarme Landwirtschaft.
Es wird ferner darin die Auffassung geäußert, dass das langfristige Ziel aller Strategien zur Umstellung der europäischen Lebensmittelsysteme darin bestehen sollte, die Nahrungsmittelautarkie Europas zu stärken und einen allgemeinen Zugang zu nachhaltigen, sicheren und nahrhaften Lebensmitteln zu erschwinglichen Preisen zu gewährleisten. Für diesen Übergang solle eine angemessene EU-Förderung bereitgestellt werden.
Zudem betont die Stellungnahme, die abschließend im Plenum des AdR im Februar 2023 zur Abstimmung stehen wird, die Bedeutung von kreislauforientierten agrarökologischen Praktiken, von mit Bäumen oder Sträuchern bewachsenen Erd-, Stein- oder Torfwällen (Wallhecken) sowie von Dauergrünland, (Wieder-)Aufforstung, Mischkulturviehhaltung, Pastoralismus und der (Wald-)Weidewirtschaft. Außerdem sollten dieselben Umweltanforderungen für importierte landwirtschaftliche Erzeugnisse gelten wie innerhalb der EU.
Sie verweist gleichzeitig auf die Notwendigkeit des Pestizideinsatzes im Direktsaatverfahren, welches an sich zur Kohlenstoffbindung im Boden beiträgt.
Auf die Landwirtschaft gehen derzeit 13% der EU-Treibhausgasemissionen zurück.
Europäischer Raum für Gesundheitsdaten
Die Europäische Kommission hat als Teil der EU-Datenstrategie einen Vorschlag für eine neue Verordnung COM(2022) 197 final sowie eine Mitteilung über den gemeinsamen, bereichsspezifischen Europäischen Raum für Gesundheitsdaten (engl.: European Health Data Space, EHDS) vorgelegt.
Deren Ziel sei es, die Nutzung elektronischer Gesundheitsdaten durch Forscher, Behörden und politische Entscheidungsträger auszuweiten, dem Einzelnen einen besseren digitalen Zugang zu den eigenen persönlichen Gesundheitsdaten zu gewähren und die Freizügigkeit innerhalb der EU zu unterstützen, indem sichergestellt werde, dass die Gesundheitsdaten den Menschen folgen. Außerdem solle mit den Vorschlägen die Datenwirtschaft durch die Förderung eines Binnenmarktes für digitale Gesundheitsdienste und -produkte befördert und strenge Regeln für die Verwendung nicht identifizierbarer Gesundheitsdaten des Einzelnen für Forschung, Innovation, politische Entscheidungen und Regulierungstätigkeiten festgelegt werden. Ärzte in der gesamten EU können auf alle Informationen über Patienten zugreifen.
Der Stellungnahmeentwurf der Fachkommission NAT zur "Verordnung über den Europäischen Gesundheitsdatenraum" unterstützt die Vorschläge der Kommission für einen Europäischen Gesundheitsdatenraum und betont, dass die Gesundheitsdienste in der Lage sein sollten, von einer solchen Infrastruktur zu profitieren, während gleichzeitig der vollständige Schutz der Privatsphäre und der Datenrechte der Patienten gewährleistet werden müsse. Neben einer Klarstellung zu den Kosten der Umstellung für die lokale und regionale Ebene (u.a. durch die EU-weite Datenstandardisierung) fordert die Stellungnahme das Recht natürlicher Personen, über die sekundäre Verwendung ihrer eigenen Daten zu entscheiden sowie die Möglichkeit der Sanktion des Missbrauchs von Daten (Geldbußen bis zu 10% des Umsatzes des letzten Wirtschaftsjahres oder Entzug der Genehmigung der Datennutzung). Internationale Standards der Datenaustauschsysteme wie z.B. FHIR und SNOMED CT sollten aus Sicht der Stellungnahme ebenfalls eingehalten werden.
Ein Stream von der Sitzung ist hier zu finden: https://cor.europa.eu/en/events/Pages/15th-nat-commission-meeting.aspx