Tilo Gundlack, MdL online beim Governance-Ausschuss des Kongresses der Gemeinden und Regionen Europas (KGRE)
Am 4. Juli 2022 vertrat Tilo Gundlack, MdL das Land Mecklenburg-Vorpommern bei der Sitzung des Ausschusses für gute Regierungsführung (Governance-Ausschuss) des Kongresses der Gemeinden und Regionen (KGRE) beim Europarat mit Sitz in Straßburg.
Die Lokal- und Regionalvertreter erörterten ein neues Arbeitsprogramm sowie drei Entschließungsentwürfe und Empfehlungen zu den Themen Hassrede und Falschmeldungen, regionale Identitäten und Digitalisierung in Städten und Regionen.
Diskutiert wurde auch über die Belastung der kommunalen Haushalte durch die Pandemie und die Energiekrise.
Außerdem wurde die Verbesserung der Kreislaufwirtschaft in das Arbeitsprogramm des Ausschusses aufgenommen.
Gegen Falschmeldungen und Hasskampagnen
Falschmeldungen, sog. „Fake-News“, und Hassrede wirken sich auf Demokratien bzw. das politische Leben aus, insbesondere im Vorfeld von Wahlen oder Referenden. Da Einschüchterungen, Verleumdungen und Bedrohungen auch gegenüber lokalen und regionalen Mandatsträgern verbreitet sind, diskutierten die KGRE-Mitglieder über angemessene Abhilfemaßnahmen. Ein Stellungnahmeentwurf des Ausschusses zu diesem Thema stützte sich auf die Ergebnisse des laufenden interuniversitären Forschungsprojekts „Counterfake“ ("Bekämpfung von Fake-News und Hassrede in Gemeinden und Regionen"). Er fordert die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften der Mitgliedstaaten zur Spezialisierung innerhalb der lokalen und regionalen Behörden, der nationalen Verbände und der Strafverfolgungsbehörden auf dem Gebiet der Hassrede und Fake News auf, um eine behördenübergreifende Zusammenarbeit, einschließlich der Berichterstattung, in diesen Angelegenheiten sicherzustellen. Außerdem solle eine 24-Stunden-Notrufnummer erwogen werden, und auf nationaler Ebene empfahl der Governance-Ausschuss eine umfassende Strategie zu verfolgen sowie eine Strafrechtsverschärfung, um die Lokal- und Regionalpolitiker zu schützen.
„Es macht mich betroffen, dass Menschen immer wieder den Weg des Diskurses verlassen. Die Landeskriminalämter zählten in diesem Frühjahr auch 390 Straftaten gegen Parteipolitiker. Gleichzeitig hält die Positionierung des KGRE zu diesem Thema fest, dass gewählte Vertreter eine besondere Verantwortung tragen, wenn es darum geht, Falschmeldungen und Hassrede nicht zu teilen und zu verbreiten“, so der Landtagsabgeordnete Tilo Gundlack.
Regionale Identitäten
Alle Länder in Europa und darüber hinaus verfügen über eine Vielfalt an Sprachen, Religionen, Kulturen, sozioökonomischen Merkmalen, Geografie - und damit zusammenhängend - regionalen Identitäten. Solche regionalen Identitäten sind laut der KGRE-Stellungnahme für viele eine Quelle des Reichtums und der Inspiration und sollten von den Ländern des Europarates berücksichtigt werden. Ein positiver Umgang mit regionalen Identitäten sei nicht nur nützlich, sondern oft auch gesetzlich vorgeschrieben.
Ziel der vom KGRE angenommenen Stellungnahme ist es daher, die Mittel und Instrumente zu erörtern, die den Dialog verbessern, die Konsensbildung unterstützen und die Kompromissfindung zwischen Akteuren fördern, welche einem Land angehören, aber nicht alle Identitätsmerkmale teilen.
Auch gibt sie zunächst eine Einführung in das Konzept der regionalen Identitäten und untersucht die rechtlichen Verpflichtungen und deren Berücksichtigung. Ferner gibt die Stellungnahme einen Überblick über die Spannungen, die im Zusammenhang mit regionalen Identitäten entstehen können, und stellt ein Instrumentarium von Mechanismen vor, die Mittel zur Berücksichtigung der Vielfalt und zur friedlichen Bewältigung von Spannungen bieten, wie z. B. institutionelle Rahmen für den Dialog, Mediation bei territorialen Veränderungen sowie Mechanismen zur Förderung der Einheit in der Vielfalt im Allgemeinen und in Bezug auf Sprache und Kultur im Besonderen.
In seiner Empfehlung begrüßt der Ausschuss die große Vielfalt an Ansätzen und Lösungen zur Berücksichtigung regionaler Identitäten und fordert die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass vielfältige Identitäten, insbesondere regionale Identitäten, positiv betrachtet und als gegenseitige Bereicherung und nicht als Anlass zur Ausgrenzung betrachtet werden.
Auch der Europäische Ausschuss der Regionen (AdR) strebt die Pflege dieser Identitäten an (vgl. z.B. die Stellungnahmen „Eine EU-Strategie zur Wiederbelebung des ländlichen Raums“ auf Drucksache COR-2020-01066-00-00-AC-TRA, „Kultur in einer Union, die mehr will: Die Rolle der Regionen und Städte“ auf Drucksache COR-2019-04646-00-00-AC-TRA und „Strategie der EU zur Bekämpfung von Antisemitismus und zur Förderung jüdischen Lebens 2021–2030“ auf Drucksache COR-2022-00247-00-00-AC-TRA“).
Digitalisierung in Gemeinden und Regionen
Die rasante Entwicklung sog. „intelligenter“, d.h. digital fortschrittlicher, Städte und Regionen in den letzten 20 Jahren hat gezeigt, dass alle relevanten Interessengruppen einschließlich der Bürger einzubeziehen sind, um das Wohlbefinden der Menschen und die Effizienz der Dienstleistungen zu verbessern und integrative, nachhaltige und widerstandsfähige Gemeinschaften aufzubauen.
Neue Technologien haben die Gesellschaft grundlegend verändert, insbesondere während der Covid-19-Pandemie, und schaffen sowohl Chancen als auch Herausforderungen auf lokaler und regionaler Ebene. Trotz ihres Potenzials bestehen nach wie vor ernste Bedenken, u. a. in Bezug auf den Datenschutz, die Nutzung künstlicher Intelligenz und die digitale Kluft.
Eine vom Ausschuss angenommene Stellungnahme zielt darauf ab, die Gemeinschaften in den Mittelpunkt von Initiativen für intelligente Städte und Regionen zu stellen, indem er für einen stärker auf den Menschen ausgerichteten Technologieansatz plädiert. Er argumentiert, dass Städte und Regionen proaktiv Innovationen auf der Grundlage der Bedürfnisse und Anforderungen der Gemeinschaften fördern sollten, wobei sie sich besonders für Menschenrechte, Demokratie, sozialen Zusammenhalt und nachhaltige Entwicklung einsetzen sollten.
In diesem Zusammenhang müssten Digitalisierungsinitiativen Anstrengungen unternehmen, um Bedenken hinsichtlich des Schutzes der Privatsphäre auszuräumen, die digitale Gerechtigkeit und einen breiten Zugang zum Internet zu fördern, insbesondere in ländlichen Gemeinden und für marginalisierte Bevölkerungsgruppen. Intelligente Städte und intelligente Regionen könnten Möglichkeiten für die Nutzung offener Daten bieten, um die lokale Demokratie zu stärken und die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen zu verbessern, sie könnten aber auch wichtige Anstrengungen auf lokaler und regionaler Ebene fördern, um die Anforderungen im Hinblick auf eine nachhaltige Entwicklung zu erfüllen, insbesondere um eine saubere Energiewende und Mobilität zu gewährleisten.
Der Governance-Ausschuss ist zuständig für rechtliche und politische Fragen im Zusammenhang mit der effektiven Entwicklung von guter Regierungsführung und Demokratie auf lokaler und regionaler Ebene. Seine Arbeit konzentriert sich auf die Förderung der Umsetzung und Weiterentwicklung der Rechtsinstrumente und Empfehlungen des Europarates im Bereich der lokalen und regionalen Demokratie. Darüber hinaus befasst er sich mit der Arbeits- und Funktionsweise lokaler und regionaler Behörden, wie z. B. Bürgerbeteiligung auf lokaler und regionaler Ebene, öffentliche Finanzen, grenzüberschreitende und interregionale Zusammenarbeit und e-Demokratie.