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Weichenstellungen für Europa: Tilo Gundlack, MdL bei der 162. Plenartagung des Europäischen Ausschusses der Regionen

  • Sitzungssaal des AdR im Europäischen Parlament (Foto: EU_Valentin Astier)
  • Tilo Gundlack, MdL vor dem Europäischen Parlament (Foto: Landtag M-V)

Auf der 162. Plenartagung des Europäischen Ausschusses der Regionen (AdR), die vom 7. Oktober bis zum 9. Oktober 2024 in Brüssel stattfand, vertrat der Landtagsabgeordnete Tilo Gundlack das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern. Dieser wurde als stellvertretendes AdR-Präsidiumsmitglied ad personam gewählt.

Auf der Tagesordnung des AdR stand die Annahme von insgesamt elf Stellungnahmeentwürfen und einer Entschließung zur Lage der Regionen und Gemeinden in der EU, mit der er unter anderem die Schaffung eines europäischen Binnenmarkts für Verteidigung und eine Strategie für nachhaltigen Tourismus unterstützte. Mit Blick auf den mehrjährigen Finanzrahmen nach 2027 sollen aus Sicht der AdR-Entschließung die bereitgestellten Haushaltsmittel für den Europäische Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) und den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) im Zuge der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) aufgestockt werden. Ferner sollte die soziale Konditionalität der GAP-Unterstützung abgeschafft und die verstärkte Auflagenbindung der Fördergelder (GLÖZ) verringert und vereinfacht werden. Öko‑Regelungen, die einen Anteil von 23 % der Mittel aus der ersten Säule der GAP ausmachen, sollten abgeschafft und die frei werdenden Mittel in Direktzahlungen umgeleitet werden, die ohne weitere Auflagen in Anspruch genommen werden können.

Die scheidende EU-Kommissarin für Kohäsion und Reformen, Elisa Ferreira, erörterte gemeinsam mit den AdR-Mitgliedern während der Eröffnungssitzung der Tagung die Situation in den Regionen und Städten. Basierend auf dem am 7. Oktober 2024 veröffentlichten EU-Jahresberichts zur Lage der Regionen und Städte („Kohäsionsbericht“), äußerten die AdR-Mitglieder Bedenken gegenüber Bestrebungen der Zentralisierung von Kohäsionsmitteln.

Der „Kohäsionsbericht“ bildet eine Momentaufnahme der dringlichsten Herausforderungen für die Regionen und Städte in ganz Europa.

Der AdR-Präsident, Vasco Alves Cordeiro, forderte in seiner Rede zur Lage der Regionen und Städte eine Kohäsionspolitik für alle Gemeinden und Regionen.

Die AdR-Mitglieder debattierten auch mit der Präsidentin der Europäischen Investitionsbank (EIB), Nadia Calviño und empfingen Videobotschaften von Roberta Metsola, Präsidentin des Europäischen Parlaments und dem Bürgermeister von Kiew, Vitali Klitschko.

Halbzeitbewertung der Aufbau- und Resilienzfazilität: Befürchtungen um eine Zunahme der territorialen Unterschiede in der EU

Eine Stellungnahme der AdR-Mitglieder bezog sich auf die Halbzeitbewertung der in Reaktion auf die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der COVID-19-Pandemie eingerichteten Aufbau- und Resilienzfazilität (engl. recovery and resilience fund, RRF). Sie befasste sich angesichts der niedrigen Ausschöpfungsquote in einigen EU-Ländern mit der Frage einer möglichen Verlängerung des Auszahlungszeitraums des Instruments nach 2026 und schlug vor, einen größeren Anteil der nicht gebundenen RRF-Mittel umzuschichten und für die Säule für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum zu verwenden, um dem akuten Rückgang der globalen Wettbewerbsfähigkeit der EU entgegenzuwirken. Außerdem betonte die Stellungnahme neben der mangelnden Einbeziehung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bei der Umsetzung der RRF, dass die zentrale Verwaltung der Fazilität mittel- und langfristig Risiken für den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt der EU berge. Auch sei die Wiederaufbau- und Resilienzfazilität weniger auf Umverteilung und territorialen Zusammenhalt ausgerichtet als die Mittel der Kohäsionspolitik. Des Weiteren seien Substitutionseffekte zulasten der Kohäsionspolitik eingetreten, während das der RRF zugrundeliegende Leistungsprinzip die erzielten Ergebnisse nicht hinreichend erfasse.

Die Stellungnahme lehnte eine Ausweitung der leistungsorientierten Mittelzuweisung auf kohäsionspolitische Programme ab.

Schwung für die Windkraft: Ein europäischer Windkraft-Aktionsplan

Der Vorschlag der EU-Kommission für einen europäischen Windkraft-Aktionsplan COM(2023) 669 final zur Unterstützung der europäischen Windkraftunternehmen betont, dass die Windenergie im Jahr 2022 durchschnittlich 16% des in der EU verbrauchten Stroms geliefert habe, die Ausbaugeschwindigkeit bis 2030 jedoch verdoppelt werden müsse. Denn die Erneuerbare-Energien-Richtlinie sieht ein verbindliches Mindestziel von 42,6% für den Anteil der Erneuerbaren vor, das später auf 45% angehoben werden soll.

Eine während des Plenums verabschiedete Stellungnahme des AdR ging unter anderem auf die Skepsis oder Ablehnung örtlicher Anwohner gegenüber Windkraftvorhaben ein.

In Mecklenburg-Vorpommern, das stark durch den Tourismus geprägt ist, existieren beispielsweise Bedenken innerhalb der Bevölkerung, dass durch die Erweiterung des Netzes der Windkraftanlagen die hiesige, in großen Teilen unverbaute Landschaft zerstört, und dadurch dem Tourismus geschadet werde.

Die AdR-Stellungnahme befürwortete in diesem Zusammenhang Entschädigungsmodelle und finanzielle Anreize wie vergünstigte Energietarife oder die Beteiligung über Energiegenossenschaften/lokale Energiezufuhr. Ihr zufolge sei der Windkraft-Aktionsplan für die Dekarbonisierung, Energieunabhängigkeit und saubere, erschwingliche Energiegewinnung und Beschäftigung bedeutsam. Somit solle an der Windkraft als Schlüsselindustrie zur Verwirklichung des Grünen Deals der EU festgehalten werden. Deren Windkraftaktionsplan, der parallel zur Strategie für erneuerbare Offshore-Energie angenommen werden soll, sieht einen beschleunigten Ausbau durch bessere Berechenbarkeit und schnellere Genehmigungsverfahren vor, daneben ein verbessertes Auktionsdesign und Zugang zu Finanzmitteln sowie die Schaffung eines fairen und wettbewerbsorientierten internationalen Umfelds. Außerdem will der Plan neben der industriellen Beteiligung und Verpflichtung der Mitgliedstaaten die nötigen Kompetenzen der in der Windindustrie Beschäftigten/ ein ausreichendes Fachkräfteangebot erreichen: Eine Akademie speziell für die Windkraft soll auf der Grundlage der Netto-Null-Industrie Verordnung zur Aus- und Weiterbildung beitragen.

Angesichts globaler Wettbewerbsverzerrungen rief die Stellungnahme zudem zur Schaffung eines Gütesiegels “Made in Europe“ auf. Des Weiteren betonte sie die Bedeutsamkeit von Erprobungs- und Forschungsplattformen auf dem Meer, lokalen Lieferketten, Wiederverwertbarkeit der Materialien/ Beachtung des CO2-Abdrucks, systemischen Weichenstellungen für intelligente Speicherung, Transport und Verteilung von Windenergie und einer angemessenen Einbeziehung der Bevölkerung sowie der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften.

Achtung der Menschenrechte von Migranten: offene Fragen hinsichtlich des EU-Durchführungsplans des Migrations- und Asylpakts

Der AdR nahm zudem mehrheitlich einen Stellungnahmeentwurf zum EU-Durchführungsplan für das Migrations- und Asylpaket an.

Die EU-Kommission hatte einen Durchführungsplan vorgelegt, der die Umsetzung des Asyl- und Migrationspakts bis Mitte 2026 garantieren soll.

Die Rechtsgrundlage des im Juni 2024 von der EU-Kommission vorgelegten EU-Durchführungsplans im Bereich Migration und Asyl sind die Verordnung über Asyl- und Migrationsmanagement und die Asylverfahrensverordnung. Die EU-Mitgliedstaaten müssen dem Plan zufolge unter anderem die nationalen Rechtsrahmen überprüfen und den Asylbehörden/Grenzschutzbeamten datenschutzrechtskonform rechtlichen und operativen Zugang zum Eurodac-System, also zu einer europäischen biometrischen Datenbank, gewährleisten, das umgestaltet werden soll. Auch der Zugang zu Interpol- und Europol-Daten für die ermächtigten Bediensteten der Screening-Behörden muss sichergestellt werden.

Die Möglichkeit der Einhaltung der Fristen (sieben Tage für ein Screening von Migranten, jeweils 12 Wochen für ein Asylverfahren an der Grenze und für ein Rückkehrverfahren an der Grenze) und für das „Festhalten“ der Migranten an der Grenze soll ferner geschaffen werden. Außerdem müssen die EU-Mitgliedstaaten die Neufassung der Richtlinie über Aufnahmebedingungen umsetzen.

Die Stellungnahme des AdR verwies auf das monatlich aktualisierte Instrument der EU-Grenzschutzagentur Frontex zur Überwachung und Risikoanalyse, das die Migrationslage abbildet. Sie forderte außerdem die besondere Unterstützung von EU-Regionen an den Außengrenzen mittels eines Informations- und Konsultationsverfahrens sowie den erleichterten direkten Zugang der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften zu Mitteln für die Integration von Migranten. Des Weiteren äußerte die Stellungnahme, dass die Menschenrechte in der Zusammenarbeit und Partnerschaften mit Drittländern (Herkunfts- oder Transitländern) geachtet werden müssten. Des Weiteren kritisierte sie aus mehreren Gründen, einschließlich der Kosten, der Wirksamkeit und der Achtung der Menschenrechte, die Externalisierung von Asylverfahren. Zudem seien die Privatsphäre und die individuellen Rechte durch solide Garantien bei der Erhebung personenbezogenen Daten im Zusammenhang mit Eurodac zu schützen. Außerdem betonte die Stellungnahme, dass die Inhaftnahmen zum Zwecke der Durchführung von Asylverfahren für Flüchtlinge, insbesondere Familien, Kinder und schutzbedürftige Personen, vermieden werden müssten, und dass solche Beschränkungen während der Verfahren zur Feststellung des Flüchtlingsstatus im Einklang mit den internationalen Menschenrechtsnormen stehen sollten.

Weitere Stellungnahmen verabschiedete der AdR über die Widerstandsfähigkeit der Gemeinden und Regionen angesichts wirtschaftlicher Schocks, über den Tourismus in Gebiete der Heimat der Vorfahren, den demografischen Wandel, den EU-Fonds für den gerechten Übergang, Arbeitsbedingungen im Rahmen von Praktika, die Schaffung eines gemeinsamen europäischen Mobilitätsdatenraums sowie über den vertrauenswürdigen Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) und das EU-Forschungsrahmenprogramm.

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