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Mit den „EUid-Brieftaschen“ hinein in einen digitalen Dialog - Tilo Gundlack, MdL bei der 9. Sitzung der Fachkommission für Wirtschaft des Europäischen Ausschusses der Regionen

Tilo Gundlack, MdL (Foto: Landtag M-V)

Am 29. September 2021 nahm Tilo Gundlack, MdL online an der 9. Sitzung der Fachkommission für Wirtschaft (ECON) des Europäischen Ausschusses der Regionen (AdR) teil.

In der Sitzung wurden von den Fachkommissionsmitgliedern drei Stellungnahmen über die Umsetzung der europäischen Aufbau- und Resilienzfazilität, über die EU-Industrie- sowie die EU-Wettbewerbspolitik angenommen und eine erste Erörterung über die von der EU-Kommission angestrebte europäische digitale Identität vorgenommen, die in einen AdR-Stellungnahmeentwurf zum kommenden 146. Plenum des AdR im Oktober mündet.

 

Umsetzung der EU-Aufbau- und Resilienzfazilität: Für eine Beteiligung der Gemeinden und Regionen an der Gestaltung und Durchführung der nationalen Aufbau- und Resilienzpläne

Die von der Fachkommission ECON in ihrer neunten Sitzung angenommene Stellungnahme zur Umsetzung der Aufbau- und Resilienzfazilität weist darauf, dass sich bei den meisten nationalen Aufbau- und Resilienzplänen nicht feststellen lässt, inwieweit die Beiträge der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften zur Ausarbeitung der Pläne berücksichtigt wurden. Er bringt Enttäuschung darüber zum Ausdruck, dass die Stellungnahme des AdR aus dem Jahr 2020 über deren direkte und mitgestaltende Einbindung insgesamt nicht angemessen berücksichtigt wurde.

Die Stellungnahme fordert neben der Reform des Europäischen Semesters eine Einbeziehung der Fachkommission ECON in den Aufbau- und Resilienzdialog und kommt außerdem zu dem Schluss, dass in den nationalen Aufbau- und Resilienzplänen zumeist nicht auf die Beiträge zur Verwirklichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung verwiesen und auch der territoriale Zusammenhalt nicht umfassend berücksichtigt wird. Er fordert die EU-Kommission auf, in den operativen Vereinbarungen und den rechtlichen Einzelverpflichtungen mit den Mitgliedstaaten in Bezug auf Finanzbeiträge die Rolle der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bei der Durchführung, weiteren Planung und Bewertung der Aufbaupläne festzulegen. Zusätzlich sollte die EU-Kommission in ihre Jahresberichte über die Durchführung der Aufbau- und Resilienzfazilität einen Abschnitt über die Einbeziehung der Gemeinden und Regionen aufnehmen. Die Stellungnahme betont auch die Kenntnisse der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bei der Bewertung nachhaltiger Investitionen, die aus seiner Sicht in die nationale Bewertung einfließen sollte, sie fordert deren Einbeziehung auch in die Kosten-Nutzen-Analysen und die Mittelverwaltung bei Kohäsion und Digitalisierung, und schlägt des Weiteren vor, das Instrument für technische Unterstützung zur Stärkung der Verwaltungskapazität auf Ebene der Gemeinden und Regionen leichter verfügbar zu machen.

Die Aufbau- und Resilienzfazilität unterstützt die EU-Mitgliedstaaten bei Reform- und Investitionsvorhaben im Umfang von 672.5 Mrd. Euro, wobei 37% zugunsten der Klimaziele und 20% für den digitalen Wandel genutzt werden.

 

Bericht der Europäischen Kommission über die Wettbewerbspolitik 2020

Die verabschiedete Stellungnahme der Fachkommission ECON zum jährlichen Bericht der EU-Kommission über die EU-Wettbewerbspolitik verweist auf die von den G20 im Juli 2021 beschlossenen Grundzüge einer globalen Steuerreform, die einen Mindeststeuersatz für Unternehmen vorsieht und deren Details zur Umsetzung zurzeit auf der Ebene der OECD verhandelt werden mit dem Ziel, gezielte Steuervermeidung von Unternehmen in Steueroasen zu verhindern. Er fordert zudem die EU‑Kommission auf, nach Abschluss der Verhandlungen unverzüglich konkrete Maßnahmen zur Umsetzung der neuen Regelungen in der EU vorzuschlagen und äußert die Auffassung, dass durch COVID-19 begründete staatliche Beihilfen in transparenter sowie sozial, wirtschaftlich und ökologisch verantwortungsvolle Weise gestaltet und nur Unternehmen gewährt werden dürfen, die von den finanziellen Auswirkungen der Pandemie unmittelbar betroffen sind, wobei jene davon auszuschließen sind, die Steuervermeidung in sogenannten „Steueroasen“ betreiben.

Des Weiteren begrüßt die Stellungnahme die von der EU-Kommission bereits eingeführten Beschränkungen, unter anderem die Auszahlung von Dividenden und Boni sowie den Aktienrückkauf von Unternehmen betreffend, die öffentliche Beihilfen beziehen.

Auf unfaire Preisalgorithmen großer Internetplattformen und oligopolistische Strukturen auf den Finanzmärkten wird in der Stellungnahme ebenfalls hingewiesen sowie auf Wettbewerbsverzerrungen, die durch ausländische staatseigene Unternehmen entstehen. In der Stellungnahme vertritt die Fachkommission ECON die Auffassung, dass ausnahmslos jeder Verstoß gegen die geltenden Produktions- und Beschäftigungsbedingungen sowie gegen die Umweltauflagen durch Zulieferer aus Drittstaaten geahndet werden muss, damit die soziale Ungleichheit und die Klimakrise erfolgreich bekämpft, die Umweltstandards angehoben, die UN-Nachhaltigkeitsziele besser erreicht und die Klima- und Verbraucherschutzpolitik umgesetzt werden können.

 

Aktualisierung der neuen Industriestrategie von 2020: einen stärkeren Binnenmarkt für die Erholung Europas aufbauen

Die dritte in der Fachkommissionssitzung angenommene Stellungnahme des AdR befürwortet die von der EU-Kommission vorgeschlagene Aktualisierung der Industriestrategie, empfiehlt unter anderem eine engere Verknüpfung mit dem Green Deal sowie dem Klimaneutralitätsziel und betont die Notwendigkeit, dass die Strategie in allen europäischen Regionen einen Mehrwert erbringt. Dabei sollten aus ihrer Sicht neben der Zusammenarbeit zwischen Clustern die regionalen Innovationssysteme stärker zum Tragen kommen, um die wichtigsten lokalen und regionalen Akteure – wie Regierungen, Cluster und Clusterorganisationen sowie Wissenschaftseinrichtungen (unter anderem die angewandte, an kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) angebundene Forschung) – wirksam einzubeziehen. Die Stellungnahme unterstreicht zudem die Bedeutung des Beihilferechts sowie von wichtigen Vorhaben von gemeinsamem europäischen Interesse (IPCEI), und spricht sich für eine angemessene Regulierung im Bereich wettbewerbsverzerrender drittstaatlicher Subventionen bei der gezielten Übernahme von EU-Unternehmen und in der öffentlichen Auftragsvergabe aus.

Das Streben nach strategischer Autonomie der EU, einen funktionierenden Binnenmarkt sowie kontinuierliche Bemühungen zum Abbau von Binnenmarkthindernissen hält sie für den Neustart nach der COVID-19-Krise für entscheidend und begrüßt die Absicht der EU-Kommission, jährlich strategische Berichte und Aktionspläne für den Binnenmarkt vorzulegen. Es fehle an klaren Daten zur Erneuerung der Wirtschaft und zu Abhängigkeiten in den Wertschöpfungsketten. Daneben befürwortet sie die von der EU-Kommission vorgeschlagene Gründung von Industrieallianzen, den Einsatz von Nachhaltigkeitsberatern und die Absicht der EU-Kommission, die europäischen KMU in ihrer Wachstumsphase und beim Anwerben qualifizierter Arbeitskräfte zu unterstützen, was unter anderem angemessene Arbeitsbedingungen erfordere. Die Stellungnahme fordert die Unterstützung der KMU hinsichtlich ihrer digitalen Strategien und Handlungspläne, Investitionen in Testinfrastrukturen für Industrie 4.0 und Innovationszentren und eine weitere Unterstützung des Netzes der Europäischen Unternehmerregionen. Die Stellungnahme unterstreicht ferner, dass die regionalen Strategien für intelligente Spezialisierung, die nach Absicht der EU-Kommission künftig auch die UN-Nachhaltigkeitsziele als viertes Element enthalten, als Blaupause für die interregionale Zusammenarbeit genutzt werden sollten.

Sie betont zudem die Wichtigkeit der Kreislaufwirtschaft. Außerdem müsse das Augenmerk auf Branchen und Bereichen liegen, in denen der größte Beitrag zur Verwirklichung der Klimaziele geleistet werden kann. Dabei gehe es vor allem um die energieintensiven Industriezweige, große Industriecluster sowie die zugehörigen Produktionsketten.

 

Europäische digitale Identität

Die EU-Vorschriften über elektronische Identifizierung und, i.d.R. entgeltliche, elektronische (Vertrauens-)Dienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt (eIDAS-Verordnung) aus dem Jahr 2014 zielen darauf ab, nationale elektronische Identifizierungssysteme europaweit interoperabel zu machen, um den Zugang zu Online-Diensten zu erleichtern. In der EU-Digitalstrategie "Die digitale Zukunft Europas gestalten" hat die EU-Kommission angekündigt, die eIDAS-Verordnung zu überarbeiten, um ihre Wirksamkeit zu verbessern, ihre Anwendung auf den privaten Sektor auszuweiten und vertrauenswürdige digitale Identitäten („EUid-Brieftaschen“, mit denen auch amtliche Dokumente ausgetauscht und einzelne persönliche Merkmale wie das Alter nachgewiesen werden können) für alle Europäer zu fördern. Mit ihrem Vorschlag für eine Verordnung zur Änderung von Verordnung (EU) Nr. 910/2014, die auf dem Gesetz über digitale Märkte aufbaut und einem angemessenen Sicherheitsniveau bei elektronischen Identifizierungsmitteln dient, sollen unter anderem eine grenzübergreifende Reichweite ermöglicht und die Belange des Schutzes der Privatsphäre und Daten bei der Nutzung von Anwendungen behandelt werden, die nicht unter die eIDAS-Verordnung fallen wie Identitätslösungen der sozialen Medien oder Finanzinstitute. Außerdem sollen Mindestanforderungen an Sicherheit und Haftung für die Anbieter von Website-Authentifizierungsdiensten festgelegt werden. Der Verordnungsvorschlag bezieht sich auch auf andere elektronische „Vertrauensdienste“ wie Signaturen, Siegel, Zeitstempel, Einschreiben, Bescheinigungen in elektronischer Form sowie die elektronische Archivierung und elektronische Vorgangsregister.

Der Europäische Ausschuss der Regionen setzt sich in seinem Stellungnahmeentwurf unter anderem dafür ein, dass die Frist, bis zu der die EU-Mitgliedstaaten eine EUid-Brieftasche ausgeben müssen, vor dem Hintergrund der Cybersicherheit um 12 Monate (auf zwei Jahre) verlängert wird. Der Stellungnahmeentwurf befürwortet eine Nutzung der EUid-Brieftasche auch außerhalb der EU und spricht sich zudem dafür aus, dass Pseudonyme bei der Nutzung in sozialen Netzwerken nicht untersagt werden.

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