Tilo Gundlack, MdL bei der 147. Plenartagung des EU-Ausschusses der Regionen in Brüssel
Vom 1.-2. Dezember 2021 wird der Landtagsabgeordnete Tilo Gundlack Mecklenburg-Vorpommern auf der 147. Plenartagung des Europäischen Ausschusses der Regionen (AdR) in Brüssel vertreten.
Die Kommunal- und Regionalvertreter der EU werden unter anderem Debatten über die Entwicklung des ländlichen Raums, Obdachlosigkeit, den künftigen von Frankreich wahrgenommenen EU-Ratsvorsitz sowie über die Konferenz zur Zukunft Europas führen. Daran werden unter anderem EU-Kommissar für Beschäftigung und soziale Rechte, Nicolas Schmit sowie der französische Staatspräsident Emmanuel Macron beteiligt sein. Außerdem wird der Präsident des Kongresses der Gemeinden und Regionen des Europarates (KGRE), Leendert Verbeek mit den AdR-Mitgliedern zum Thema Desinformation debattieren.
Zehn Stellungnahmeentwürfe und zwei Entschließungen stehen auf der Tagesordnung des AdR.
Europas Plan gegen den Krebs
Mit dem Plan gegen den Krebs hat die EU-Kommission angesichts der steigenden Zahl der Krebserkrankungen Leitinitiativen erarbeitet, die sich auf die Prävention, die Früherkennung, die Diagnose und Behandlung sowie die Lebensqualität von Krebskranken und –überlebenden beziehen.
Die AdR-Mitglieder begrüßen in ihrem Stellungsnahmeentwurf die geplante Nutzung von Daten und Digitalisierung bei der Prävention sowie die Förderung von Wissen und Forschung, die u. a. in der Gründung eines Wissenszentrums für Krebs und der Einrichtung eines EU-Netzwerks onkologischer Spitzenzentren Ausdruck finden. Weiterhin wird im Entwurf betont, dass die Krebsvorsorge im Mittelpunkt steht und daher Maßnahmen unterstützt werden, mit denen die Vorteile einer gesunden Lebensweise hervorgehoben werden. Außerdem wird das Vorsorgeprogramm zur gezielten Krebsfrüherkennung für lobenswert erachtet, sei aber möglichst bald auf andere Krebsarten auszuweiten. Die AdR-Mitglieder fordern, dass lokale und soziale Unterstützungsmaßnahmen vorgesehen werden sollten, um die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für informell pflegende Angehörige zu verbessern. Außerdem wird das Fehlen von regional aufgeschlüsselten Daten bezüglich Krebsinzidenz und -sterblichkeit kritisiert, die für die Ermittlung von Trends und Ungleichheiten bei der Vorsorge erforderlich sind. Die AdR-Mitglieder fordern, dass der Plan gegen den Krebs durch Initiativen ergänzt werden sollte, die den Aufbau qualitätsgesicherter Nachsorgeregister fördern.
Jugendliche als Teil der Öffentlichkeit – Das Europäische Jahr der Jugend 2022
Bereits 2018 hat Mecklenburg-Vorpommern eine sogenannte „Lebensweltstudie“ begonnen und hierzu einzelne Anhörungsreihen veranstaltet. „Jung sein in Mecklenburg-Vorpommern“, so heißt dieses Projekt, das im Zusammenhang mit dem Europäischen Jahr der Jugend 2022 noch sehr an Bedeutung gewinnen kann. Letzteres soll junge Menschen in unserem Bundesland und ganz Europa zu mehr demokratischer und zivilgesellschaftlicher Beteiligung animieren. Außerdem soll hier ein Schwerpunkt auf die personelle und soziale Entwicklung junger Menschen in einer grüneren, inklusiveren und digitalen EU gesetzt werden.
Die Entschließung des AdR sieht vor, den Jugendlichen und jungen Erwachsenen eine gewichtigere Stimme in unserer Demokratie zu geben. Gerade diskriminierte Minderheiten, welche aufgrund ihrer sexuellen Orientierung, ihrer Herkunft, ihrer körperlichen Gesundheit, ihrer Religion, ihrer sozialen Stellung oder ihres Geschlechts vielerorts benachteiligt werden, sollen in diesem EU-Programm mehr Mut zur Teilhabe gewinnen.
Auch die COVID-19-Pandemie habe laut der AdR-Entschließung eine immense Auswirkung auf junge Menschen auf der ganzen Welt; diesbezüglich wird vom AdR gefordert, eine besondere Priorität zu setzen, um diese Einflüsse zu minimieren. Die EU solle das Ziel verfolgen, jedem Kind in der EU eine kostenlose Gesundheitsversorgung und eine kostenlose Bildungsmöglichkeit, gerade in der frühen Kindheit, zu garantieren. Der Entschließungsentwurf sieht hierfür z.B. schulische Aktivtäten, Vorsorgeuntersuchungen und täglich mindestens eine gesunde Mahlzeit während der Schulzeit vor.
Mit zielgerichteten Angeboten möchte die EU-Kommission gerade Jugendliche besonders vor Missbrauch der sozialen Medien und vor – damit verbundenen – Desinformation, sogenannten Fake-News schützen. Gleichzeitig sollen die jungen Menschen die geografische Landschaft und die Kulturen Europas entdecken, was durch den Ausbau der umweltfreundlichen Infrastruktur und durch Angebote wie internationale Zugtickets (DiscoverEU/Interrail) ermöglicht werden soll. Alles in allem soll diese Initiative maßgebend für die nächsten Dekaden sein. Die EU und alle nationalen und regionalen Parlamente sind vom AdR angehalten, ihre Politik zukunftsweisend, umweltfreundlich, sozial gerecht und wirtschaftlich stark mit und vor allem für die Kinder, Jugendlichen und jungen Menschen dieses Kontinentes zu gestalten.
AdR fordert Lösungen gegen Obdachlosigkeit
Der AdR verweist auf den Anstieg der Obdachlosigkeit in den letzten zehn Jahren und darauf, dass Obdachlosigkeit ein dynamischer Zustand ist, der nicht nur auf der Straße lebende Personen betrifft. Er schlägt vor, sich der Europäischen Typologie für Wohnungslosigkeit des Verbands der nationalen Vereinigungen im Bereich Obdachlosenhilfe (FEANTSA), dem europäischen transnationalen Wissens- und Praxiszentrum in Europa in diesem Bereich, zur differenzierten Definition von Obdachlosigkeit zu bedienen, um damit Obdachlosigkeit, Wohnungslosigkeit und problematische Wohnformen voneinander zu unterscheiden. Dies wäre für eine einheitliche Definition von Obdachlosigkeit und mittelbar für die statistische Erfassung sowie eine politische Reaktion/quantitative Zielsetzungen in der EU wichtig.
Der AdR-Stellungnahmeentwurf zur Beseitigung der Obdachlosigkeit fordert die EU-Kommission zu mehr Aufmerksamkeit gegenüber diesem Aspekt sozialer Ausgrenzung auf. Gentrifizierung (sozioökonomischer Strukturwandel in Städten, der mit einer Attraktivitätssteigerung zugunsten zahlungskräftiger Eigentümer und Mieter einhergeht), Kurzzeitvermietungen und Tourismus hätten das Problem verstärkt. Deshalb fordert der AdR die Gebietskörperschaften auf regionaler und nationaler Ebene auf, stärker zu investieren und bessere Rahmenbedingungen für Investitionen in bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Schätzungen zufolge verbringen etwa 700.000 Menschen jede Nacht auf der Straße oder in Notunterkünften, Tendenz steigend. Hier wird auch auf die europäische Sozialcharta verwiesen, in welcher ein Grundrecht auf Wohnraum, körperliche Unversehrtheit und Privat- und Familienleben niedergeschrieben ist. Auch wenn die Bekämpfung der Obdachlosigkeit inzwischen eine höhere politische Priorität erlangt habe, müsse laut dem AdR deutlich mehr getan werden. Während der COVID-19-Pandemie berge Wohnungslosigkeit noch größere gesundheitliche Gefahren als zuvor. Es müssten Konzepte geschaffen werden, welche nicht nur Hilfe, sondern auch Prävention bieten. In seinen Empfehlungen betont der AdR, dass die EU-Kommission ausreichend Mittel zur Verfügung stellen müsse, um wirksame Projekte, Maßnahmen und Konzepte zu realisieren. Er schlägt ebenfalls vor, NGOs und Betroffene einzubinden. Wichtig sei es, so der AdR, dass die Mitgliedstaaten jetzt zusammen und mit allen Mitteln handeln. Dazu gehört neben nationalen Strategien auch die Inanspruchnahme von Mitteln des ESF+, des EFRE und der Resilienz- und Aufbaufazilität.
In Deutschland wird im Jahr 2022 erstmals eine Statistik zur Wohnungslosigkeit erhoben werden.
EU-Wettbewerbspolitik
Der Stellungnahmeentwurf des AdR zur EU-Wettbewerbspolitik betont die Wichtigkeit des Beihilfenrechts und dessen Fortentwicklung. Die Umsetzung der Forderung des AdR nach einer Gewährleistung gleicher Wettbewerbsbedingungen auf dem Binnenmarkt hinsichtlich der Schaffung von Innovationen, der Entwicklung neuer umweltfreundlicher Technologien und der Schaffung von dauerhaften Arbeitsplätzen würde auch der wirtschaftlichen Entwicklung in MV zugutekommen. Gleiches gilt für die Forderung nach gleichen Bedingungen für den Marktzugang für die Handelspartner der EU und die Stärkung handelspolitischer Schutzinstrumente zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie.